US-Notenbank hält Leitzins stabil – und signalisiert weitere Schritte
Washington – Die US-Notenbank Fed hält ihre Leitzinsen zunächst stabil, signalisiert aber zugleich weitere Zinsanhebungen in diesem Jahr. Die Leitzinsspanne verbleibt zunächst zwischen 5,0 und 5,25 Prozent, wie die Federal Reserve am Mittwoch nach ihrer zweitägigen geldpolitischen Sitzung in Washington mitteilte. Analysten hatten mit dieser Entscheidung überwiegend gerechnet. Zugleich rechnen die Währungshüter aber offenbar damit, ihre Leitzinsen weiter anzuheben.
Die Zinsprojektion für 2023 wurde nach der geldpolitischen Sitzung von 5,1 auf 5,6 Prozent angehoben. Das bedeutet, dass die Fed-Mitglieder im Mittel zwei weitere Zinsanhebungen in diesem Jahr erwarten. Vor dem Zinsentscheid hatten es nicht wenige Fachleute für möglich gehalten, dass die Zinsen in diesem Jahr gar nicht mehr angehoben werden. Auch die Zinsprojektionen für 2024 und 2025 wurden angehoben.
US-Notenbankchef Jerome Powell bestätigte, dass es in der Fed eine grosse Neigung zu weiteren Zinsanhebungen gibt. Fast alle Mitglieder des geldpolitischen Ausschusses FOMC hielten es derzeit für wahrscheinlich, dass es zusätzliche Zinsanhebungen geben werde, erklärte Powell nach der Zinssitzung vor der Presse.
Powell: «Keine Entscheidungen für die Zukunft getroffen»
Powell hob jedoch auch hervor, dass die Fed sich nicht festlege und ihre konkreten Entscheidungen erst auf der jeweiligen Zinssitzung treffe. Auf der aktuellen Sitzung seien keine Entscheidungen für die Zukunft getroffen worden – auch nicht für die kommende Sitzung im Juli.
Im März 2022 hatte der Leitzins noch knapp über der Nulllinie gelegen. Seither kämpft die Fed mit kräftigen Zinsanhebungen gegen die hohe Inflation. In den vergangenen Monaten ist die Teuerung auch gesunken, die unterliegende Kerninflation jedoch nur langsam.
Bankvolkswirte zeigten sich überrascht von der Entschlossenheit der Fed. «Die deutlich nach oben geschraubten Leitzinsprojektionen sind heute die grosse Überraschung», kommentierte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. «Die Fed möchte trotz der Leitzinspause keineswegs den Eindruck einer zu lockeren Notenbank erwecken.» Elmar Völker, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg, erklärte, die Fed halte sich die Option für weitere Zinsanhebungen offen.
Für dieses Jahr rechnet die Fed mit einem etwas höheren Wirtschaftswachstum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der weltgrössten Volkswirtschaft soll demnach um ein Prozent wachsen. Das wären 0,6 Prozentpunkte mehr als noch im März prognostiziert. Für das kommende Jahr sagt die Fed ein Wachstum von 1,1 Prozent voraus.
Unterdessen rechnen die Währungshüter mit einer etwas niedrigeren Inflationsrate. Die Teuerungsrate soll 2023 durchschnittlich bei 3,2 Prozent liegen – ein Rückgang von 0,1 Prozentpunkten verglichen mit der vorigen Prognose vom März. Die Kerninflation ohne Berücksichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen soll dieses Jahr allerdings etwas höher bei 3,9 Prozent liegen (Prognose vom März: 3,6 Prozent).
Die Fed ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet und strebt eine Inflationsrate von 2 Prozent an.
An den Finanzmärkten erhielt der US-Dollar zunächst Auftrieb, gab dann aber wieder nach. Ähnlich war die Reaktion am amerikanischen Anleihemarkt, wo die Renditen zunächst zulegten, im Verlauf aber wieder zurückfielen. Die Aktienmärkte reagierten zunächst negativ auf die Aussicht weiterer Zinsanhebungen, fingen sich aber dann weitgehend wieder. (awp/mc/ps)