US-Notenbank hält die Tür für eine Zinsanhebung im Juni offen
Washington – Die US-Notenbank hat die Tür für eine Zinserhöhung im Juni offen gehalten. Die wirtschaftliche Entwicklung rechtfertige eine «graduelle» Anhebung des Leitzinses, schrieb die Fed am Mittwoch in ihrem Kommentar zu ihrer jüngsten Zinsentscheidung. Ein eindeutiges Signal für den nächsten Zinsschritt gab sie aber nicht. Zunächst bleibe der Leitzins in einer Spanne zwischen 0,75 bis 1,00 Prozent. Dies war von Volkswirten einhellig erwartet worden.
Das geringe Wirtschaftswachstum zu Jahresbeginn stellt nach Einschätzung der Fed keine Gefahr dar. Die Abschwächung im ersten Quartal sei wahrscheinlich nur «vorübergehend». Man erwarte künftig weiterhin ein moderates Wirtschaftswachstum und eine weitere Verbesserung am Arbeitsmarkt. Die Inflation dürfte sich mittelfristig in der Nähe des Zielwertes von zwei Prozent stabilisieren. Die Entscheidungen fielen im geldpolitischen Ausschuss (FOMC) einstimmig.
Juni-Anhebung wahrscheinlich
Angesichts dieses zuversichtlichen Wirtschaftsausblick rechnet Paul Ashworth, USA-Chefvolkswirt bei Capital Economics weiterhin mit einer Leitzinserhöhung am 14. Juni. Voraussetzung dafür sei aber ein robuster Beschäftigungsaufbau im April und Mai. Auch die Entwicklungen an den Finanzmärkten sprächen für eine Zinserhöhung im Juni. So seien der Dollar und die Renditen an den Anleihemärkten gefallen. Zudem hätten sich die Aktienmärkte stark entwickelt. An den Finanzmärkten wird die Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Juni bei 90 Prozent gesehen.
Zuletzt hatte die Fed am 15. März den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte angehoben. Dies war die dritte Erhöhung seit der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Zuvor hatte der Zinssatz seit Ende 2008 – also kurz nachdem die weltweite Finanzkrise ihren Höhepunkt erreicht hatte – in der Spanne zwischen null und 0,25 Prozent gelegen.
Bilanzsumme bleibt unverändert
Die Fed gab keine Hinweise wann sie mit dem Abschmelzen der rund 4,5 Billionen US-Dollar schweren Bilanzsumme beginnt. Zunächst sollen die in der Finanzkrise erworbenen Anleihen weiter ersetzt werden, wenn sie auslaufen. «Hier ist die Fed jetzt noch einmal davor zurückgeschreckt, einen Zeitpunkt zu benennen», schreibt Friedrich Heinemann, Ökonom beim Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). «Denn der Bilanzabbau der Fed und der stark steigende Finanzierungsbedarf Washingtons ergeben einen riskanten Cocktail.» Die Steuersenkungspläne von US-Präsident Donald Trump dürften zu einer höheren Verschuldung und einem stärkeren Angebot an Anleihen führen. Die Renditen langlaufender Anleihen könnten daher laut Heinemann im Jahr 2018 stark steigen.
An den Finanzmärkten hielten sich die Reaktionen in engen Grenzen. Die Aktienmärkte reagierten kaum. Der Eurokurs gab etwas nach und fiel auf ein Tagestief von 1,0894 Dollar. Die Renditen an den Anleihemärkten legten etwas zu. (awp/mc/upd/ps)