Fed-Chefin Janet Yellen. (© US Government Work)
Washington – Die US-Notenbank Fed legt sich in ihrer kurzfristigen Zinspolitik nach wie vor nicht fest. Eine erste Zinsanhebung nach der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise noch in diesem Jahr bleibt zwar möglich, sie ist aber nicht ausgemacht. Dies geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll zur jüngsten Zinssitzung von Oktober hervorgeht.
Die im Oktober gefällte Entscheidung, eine Zinsanhebung auf der nächsten Sitzung Mitte Dezember zu prüfen, sei zwar auf breite Unterstützung im geldpolitischen Ausschuss FOMC gestossen, hiess es in dem Protokoll. Allerdings sei ebenso unstrittig gewesen, dass es klug sei, mit der finalen Entscheidung bis Dezember abzuwarten. Die zehn stimmberechtigten Notenbanker im FOMC seien sich einig gewesen, dass mit dem Verweis auf die Dezembersitzung keine Vorfestlegung verbunden sei. Vielmehr habe man sich alle Optionen offen halten wollen.
Baldige Zinsanhebung möglich
Weiter hiess es in der Mitschrift, einige Notenbanker hätten Bedenken angemeldet, dass mit dem Hinweis auf Dezember ein zu starkes Signal gegeben werde. Sie sahen die Gefahr einer «Fehlinterpretation», dass also die Zinswende bereits ausgemachte Sache sei. Auf der anderen Seite zeigten sich die meisten Zentralbanker zuversichtlich, dass die Voraussetzung für eine erste Zinsanhebung im Dezember gegeben sein könnten.
Unter dem Strich spiegelt die Mitschrift die Haltung von Notenbankchefin Janet Yellen wider. Sie betont seit langem, dass sich die Fed in ihrer Geldpolitik nicht festlegen wolle, sondern ihre Entscheidungen von der konjunkturellen Entwicklung anhängig mache. Nach dieser Strategie, die im krassen Gegensatz zu der starken Führung der Märkte durch die Fed während und nach der Finanzkrise steht, sind Zinsanhebungen faktisch auf jeder geldpolitischen Sitzung möglich – aber nicht ausgemacht. Damit will sich die Fed alle Möglichkeiten offen halten, auf die Wirtschaftslage auch kurzfristig reagieren zu können.
Märkte und Experten erwarten Zinswende
Die US-Notenbank steuert seit längerem auf eine straffere Geldpolitik zu. Grundsätzlich will sie sich von ihrer seit Ende 2008 praktizierten Nullzinspolitik verabschieden, zuletzt hatte sie die Zinswende aber hinausgezögert. Im September verwies sie zunächst auf weltwirtschaftliche Risiken wie die Konjunkturschwäche in den Schwellenländern. Im Oktober gab sie sich dann zuversichtlicher und stellte die Prüfung der Zinswende für Dezember in Aussicht. An den Finanzmärkten ist die Wahrscheinlichkeit einer Zinsstraffung seither deutlich auf etwa ein Drittel gestiegen. Auch viele Experten rechnen mittlerweile mit der Zinswende noch in diesem Jahr.
Stark verbesserte Lage am US-Arbeitsmarkt
Aus Sicht vieler Experten spricht die robuste Binnenkonjunktur in den USA klar für höhere Zinsen. Vor allem die Lage am Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark gebessert. Die Arbeitslosenquote ist auf fünf Prozent gefallen und bewegt sich nur wenig über dem Niveau, das die Fed mit Vollbeschäftigung verbindet.
Sorgen bereitet der Fed dagegen die anhaltend schwache Inflation. Allerdings zeichnet sich auch hier Besserung ab: Die Löhne der Beschäftigten sind zuletzt stärker gestiegen, während die allgemeine Teuerung vor allem durch die stark gefallenen Ölpreise niedrig gehalten wird. Die Kerninflation, die den grundlegenden Preistrend beschreibt, bewegt sich langsam auf das Inflationsziel der Fed von zwei Prozent zu. (awp/mc/pg)