Washington – Trotz fast täglicher Forderungen von US-Präsident Donald Trump nach einer drastischen Senkung des Leitzinses hat sich die Notenbank unberührt gezeigt. Das Entscheidungsgremium sei sich einig gewesen, dass die Zentralbank «Flexibilität» bei der Bestimmung der Höhe des Leitzinses brauche, hiess es in dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll der Zinssitzung von Ende Juli. Damit behält sich die Federal Reserve alle Optionen offen und gibt den Finanzmärkten keine klaren Signale, wann oder ob mit weiteren Zinssenkungen zu rechnen ist.
Die Notenbanker stuften die US-Wirtschaft weiterhin als robust ein. Sie verwiesen jedoch ausdrücklich auf die Risiken, die sich aus einem schwächeren globalen Wachstum und den von Trump angezettelten Handelskonflikten ergaben. Die Zentralbank werde ihren weiteren Kurs im Lichte weiterer Wirtschaftsdaten festsetzen, hiess es.
Im Juli beschloss die Notenbank, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 2,00 bis 2,25 Prozent zu senken. Die Fed wollte damit einem möglichen Einbruch des Wirtschaftswachstums zuvorkommen. Es war die erste Zinssenkung seit Beginn der globalen Finanzkrise vor einem Jahrzehnt.
Nächste Zinssitzung am 18. September
Die nächste Zinsentscheidung der Fed steht am 18. September an. Und seit Ende Juli hat sich schon wieder einiges getan. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat sich mit Trumps Ankündigung neuer Strafzölle erneut verschärft. Zudem gab es jüngst ein Warnsignal am US-Anleihenmarkt, die Investoren eine Rezession befürchten liessen.
Nach Ansicht von Präsident Donald Trump sind die USA indes «sehr weit von einer Rezession entfernt». Trump wiederholte am Mittwoch jedoch seine Forderung an die Notenbank, den Leitzins in mehreren Schritten um einen Prozentpunkt zu senken. Wenn die Fed ihren Job machen würde, «hätten wir einen Wachstumssprung wie nie zuvor», sagte Trump. Die «ahnungslose» Fed habe die Zinsen «zu schnell, zu wild» erhöht, sagte Trump. Seine Vorgänger kritisierten die Geldpolitik der Notenbank nicht direkt.
Manche Analysten meinen, Trump brauche vor allem eine Zinssenkung, um die von ihm angezettelten konjunkturschädlichen Handelskonflikte auszugleichen. Trump hingegen beteuert, der Handelskonflikt der zwei grössten Volkswirtschaften werde US-Wirtschaft und Verbraucher nicht belasten. Doch das unabhängige Budgetbüro des Kongresses (CBO) veröffentlichte am Mittwoch eine Schätzung zu den Kosten – die die jüngste Eskalation mit neuen Strafzöllen noch nicht mal mit einkalkulierte. Die Handelskonflikte werden das Einkommen jedes amerikanischen Haushalts bis 2020 rechnerisch um 580 US-Dollar (523 Euros) verringern, wie das CBO erklärte. Die US-Wirtschaftsleistung werde deswegen um rund 0,3 Prozentpunkte geringer ausfallen.
Erneutes Warnsignal am Anleihenmarkt
US-Medienberichten zufolge kam es am Mittwochnachmittag erneut kurzzeitig zu dem Warnsignal am Anleihenmarkt, der sogenannte inversen Zinskurve. In diesem Fall sind die Zinsen bestimmter langfristiger US-Staatsanleihen geringer als jene kurzfristiger Papiere. Das lässt auf grossen Pessimismus bei Investoren schliessen.
Die Finanzmärkte werden für Signale zur weiteren Politik der Fed nun auf das Notenbanktreffen in Jackson Hole schauen. US-Notenbankchef Jerome Powell wird dort am Freitag sprechen und kann so auf die jüngsten Entwicklungen eingehen. (awp/mc/ps)