Gouverneure der US-Notenbank Fed mit Fed-Chefin Janet Yellen. (© US Government Work)
Washington – Die US-Notenbank Fed hat am Donnerstag keinen klaren Hinweis auf den Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung in den USA gegeben. Die Währungshüter sorgten sich um die konjunkturelle Abkühlung in China und hielten es für klug, mehr Klarheit bezüglich der Konjunkturaussichten abzuwarten, hiess es in dem am Abend veröffentlichten Protokoll (Minutes) zur Fed-Sitzung am 16. und 17. September. Allerdings rechnen laut Protokoll viele Fed-Mitglieder mit einer Zinsanhebung noch in diesem Jahr.
Die Notenbanker fürchten weiteren Druck auf die Inflationsrate durch die schwächelnde Weltkonjunktur. «Die Miglieder gehen davon aus, dass die jüngsten globalen Entwicklungen über die kurze Frist weiteren Druck auf die Inflation ausüben dürften», heisst es in dem Protokoll. Inzwischen sähen mehr Mitglieder als zuletzt das Risiko einer weiter sinkenden Inflation.
Finanzmarkt-Reaktionen unterschiedlich
Seit Jahresbeginn bewegt sich die diese in den USA nahe der Nullmarke. Im August hatte sie bei nur 0,2 Prozent gelegen. Die niedrige Teuerungsrate ist allerdings zum grossen Teil auf die niedrigen Ölpreise zurückzuführen. Die Kernjahresrate, ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel, lag im August bei 1,8 Prozent.
Die Reaktionen an den Finanzmärkten waren unterschiedlich. Der Eurokurs legte nach den Zahlen zunächst zu und erreichte bei 1,1324 US-Dollar den höchsten Stand des Tages. Anschliessend sackte er allerdings wieder ab und notierte zuletzt mit 1,1270 Dollar sogar leicht unter dem Niveau unmittelbar vor der Veröffentlichung. Der Aktienindex Dow Jones Industrial baute hingegen seine Gewinne etwas aus und übersprang die Marke von 17 000 Punkten. Die Kurse von USA-Staatsanleihen gaben ihre nach der Veröffentlichung erzielten Gewinne rasch wieder ab.
Experte: «Protokoll inzwischen veraltet»
Die USA steuern auf die erste Zinserhöhung seit mehr als neun Jahren zu. Inzwischen rechnet aber ein Grossteil der Marktteilnehmer nicht mehr mit einer Zinswende in diesem Jahr. Insofern erscheint es auf den ersten Blick überraschend, dass ein Grossteil der Fed-Mitglieder laut Protokoll noch mit einer Straffung in diesem Jahr rechnet. Aber Joseph LaVorgna, Analyst bei der Deutschen Bank, rät davon ab, das Protokoll überzuinterpretieren. Das Papier sei inzwischen veraltet, weil neue Konjunkturdaten seit der September-Sitzung der Fed für neue Impulse gesorgt hätten.
Insbesondere der jüngste US-Arbeitsmarktbericht von Anfang Oktober hatte die Erwartungen der Marktteilnehmer zur Geldpolitik stark verändert. Die Arbeitslosigkeit verharrte auf einem 7-Jahrestief, die Löhne stagnierten und die Beschäftigtenzahlen stiegen schwächer als erwartet. Seitdem rechnet ein Grossteil der Anleger nicht mehr mit einer Zinswende in diesem Jahr.
Kocherlakota regt weitere Lockerungen an
Der Präsident der regionalen Notenbank von Minneapolis, Narayana Kocherlakota, hatte am Donnerstag vor der Veröffentlichung des Protokolls sogar weitere geldpolitische Lockerungen statt einer Zinsanhebung ins Spiel gebracht. Die Fed solle mehr statt weniger Raum geben um den Arbeitsmarkt zu beflügeln, so der Notenbanker.
Kocherlakota hatte sich bereits vor den jüngsten Finanzmarktturbulenzen und den aktuellen Anzeichen der Schwäche seitens der chinesischen Wirtschaft gegen eine Leitzinsanhebung in diesem Jahr ausgesprochen. (awp/mc/ps)