UBS-Sitz in New York.
Bern – Mindestens fünf US-amerikanische UBS-Kunden haben die Schweiz vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingeklagt. Sie wollen verhindern, dass ihre Kontodaten im Rahmen des schweizerisch-amerikanischen Amtshilfeabkommens an die US-Steuerbehörde ausgeliefert werden.
Das bestätigte Thomas Brückner, Sprecher der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Er schloss nicht aus, dass noch weitere Klagen in Strassburg eingereicht wurden, von denen die Verwaltung keine Kenntnis hat. Dem Bundesamt für Justiz (EJPD) lägen keine offiziellen Informationen zu den Fällen vor, sagte EJPD-Sprecher Folco Galli. Der Gerichtshof habe die Schweiz bisher nicht zu einer Stellungnahme aufgefordert. Details zu den Anklagepunkten in einem der fünf Fälle hatte die «Handelszeitung» Anfang Mai veröffentlicht. Ein amerikanischer UBS-Kunde gelangte zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, nachdem er im März vor dem Bundesverwaltungsgericht abgeblitzt war. Der Amerikaner rügt unter anderem eine Verletzung des Rechts auf Privatsphäre, einen Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot sowie die Verletzung des Verbots rückwirkender Gesetze.
Noch rund 90 Verfahren beim BVGer hängig
In der Schweiz sind beim Bundesverwaltungsgericht (BVGer) als letzte Instanz noch rund 90 Verfahren hängig. Diese sollen bis Oktober abgeschlossen sein, bestätigte Gerichtssprecher Andrea Arcidiacono. Den Rest der total 430 Beschwerden gegen den Auslieferungsentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung habe das Gericht erledigt. In rund zehn Prozent der abgeschlossenen Fälle habe das Bundesverwaltungsgericht eine Amtshilfe und damit die Übermittlung von Kontoinformationen an den amerikanischen Fiskus untersagt.
Pilotentscheid
In einem Pilotentscheid im Januar 2010 waren 25 Beschwerden gutgeheissen worden, da das Amtshilfeabkommen mit dem Schweizer Gesetz nicht vereinbar war. Das Parlament hat das Abkommen im Juni 2010 im Nachhinein genehmigt und den Staatsvertrag damit für verbindlich erklärt. Bei den übrigen Fällen, in denen das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführer stützte, seien die Kriterien des Staatsvertrags nicht erfüllt gewesen. So hätte etwa das Vermögen der betroffenen UBS-Kunden weniger als eine Million Franken betragen oder das durchschnittliche Jahreseinkommen 100’000 Franken nicht überschritten. Auch die Eidgenössische Steuerverwaltung hatte als erste Instanz in rund 400 Fällen keine Amtshilfe gewährt, sagte ESTV-Sprecher Brückner.
Daten von rund 4000 UBS-Kunden nach USA geliefert
Die Schweiz und die USA hatten sich im Fall UBS im Herbst 2009 mittels eines Vergleichs geeinigt. Die Schweiz verpflichtete sich, ein rund 4450 Konten betreffendes Amtshilfegesuch innert eines Jahres zu bearbeiten. Insgesamt sind laut Brückner bisher die Daten von rund 4000 UBS-Kunden in die USA geliefert worden. Die USA haben aber auch von den zahlreichen Selbstanzeigen amerikanischer Steuersünder profitiert. Rund 15’000 Personen hätten sich freiwillig bei den US-Steuerbehörden gemeldet, teilte diese im vergangenen Dezember mit. Darunter befanden sich gemäss Brückner auch Personen, deren Kontoinformationen im Rahmen des schweizerisch-amerikanischen Amtshilfeabkommens hätten ausgeliefert werden sollen. (awp/mc/ps)