Sorge vor einem Übergreifen der europäischen Schuldenkrise auf US-Bankensystem.
New York – Aus Sorge vor einem Übergreifen der europäischen Schuldenkrise auf das US-Bankensystem prüft die dortige Aufsichtsbehörde einem Zeitungsbericht zufolge das US-Geschäft von europäischen Banken. Die zuständige Federal Reserve Bank von New York habe Informationen über den Kapitalzugang angefordert, schreibt das «Wall Street Journal» am Donnerstag unter Berufung auf hochrangige Bankvertreter. In einigen Instituten hätte die Aufsicht eine Veränderung der Strukturen gefordert. Die New Yorker Fed wollte den Bericht nicht kommentieren.
Hintergrund sei die Sorge, dass die Banken wegen der Schuldenkrise in Europa Probleme bei der Finanzierung etwa ihres Kreditgeschäfts und anderer Verpflichtungen in den USA bekommen oder sogar Geld aus den USA abziehen könnten. Es gebe Anzeichen für wachsende Schwierigkeiten der Institute, aber die Lage sei nicht mit der Finanzkrise 2008 zu vergleichen. Ausländische Kreditgeber ohne grosses eigenes Filialnetz in den USA können sich Dollar generell von anderen Banken, der Zentralbank und auf dem Geldmarkt leihen oder auch die eigene Währung tauschen. In Krisenzeiten sind diese Wege aber oft versperrt.
Ungenannte europäische Bank pumpt EZB an
Das war zuletzt kein Problem, da die US-Notenbank seit der Finanzkrise auch mit dem direkten Kauf von Anleihen (Quantitative Easing) die Märkte mehr als reichlich mit Liquidität versorgte. Aber als Zeichen für die möglicherweise zunehmenden Probleme gilt, dass sich am Mittwoch eine nicht genannte europäische Bank bei der Europäischen Zentralbank (EZB) 500 Millionen US-Dollar lieh. Dafür sind höhere Zinsen als auf dem normalen Markt fällig. Es war das erste Mal seit einem halben Jahr, dass diese Hilfe in Anspruch genommen wurde.
Angesichts der Schuldenkrise wird die Sorge grösser, dass die reichlich in Staatsanleihen der Schuldenländer investierten europäischen Banken künftig Probleme bei der Refinanzierung ihrer Kredite bekommen könnten. Die grössten Institute haben sich aber einer Studie der US-Investmentbank Morgan Stanley zufolge für dieses Jahre bereits rund 90 Prozent der nötigen Mittel gesichert. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann betonte in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNBC am Mittwochabend, dass sein Institut nie Finanzierungsprobleme gehabt habe. Ähnlich hatte sich in der vergangenen Woche die Commerzbank geäussert. (awp/mc/ps)