Versicherer wachsen erneut nur im Schadengeschäft

Versicherer wachsen erneut nur im Schadengeschäft
Mobiliar-CEO Markus Hongler. (Foto: Mobiliar)

Zürich – Bei den Schweizer Versicherungen haben sich 2017 die Trends des Vorjahres fortgesetzt. In der Sachversicherung stiegen die Prämieneinnahmen, in der Lebensversicherung nahmen sie ab. Chancen sieht die Branche wegen der zunehmenden Cyberrisiken in neuen digitalen Geschäftsmodellen – sofern die Aufsichtsbehörde mitspielt.

Die Branche schaue zufrieden auf das letzte Jahr zurück, sagte Thomas Helbling, Direktor des Schweizerischen Versicherungsverband (SVV), am Donnerstag vor den Medien. Die Versicherungen seien «solide unterwegs» gewesen – trotz tiefem Zinsniveau und hoher Auflagen der Aufsichtsbehörde.

Wachstum über dem BIP
Konkret nahm das Prämienvolumen in der Schadenversicherung laut einer Hochrechnung um 1,7% auf 27,5 Mrd CHF zu. Das Plus sei damit höher ausgefallen als das BIP-Wachstum, sagte Helbling.

Die grösste Zunahme verzeichnete das Geschäft mit Kranken-Zusatzversicherungen (+4,1%), während es bei der Feuer-, Elementar und Sachschadenversicherung um 0,5%, der Motorfahrzeugversicherung um 0,3% und bei den übrigen Sachversicherungen um 0,2% aufwärts ging.

Treiber waren also die steigenden Kosten im Gesundheitswesen, das Bevölkerungswachstum, die positive Entwicklung auf dem Bau sowie die Zunahme der Fahrzeuge. Helbling betonte, dass das Volumenwachstum trotz zum Teil sinkender Prämien erzielt worden sei.

«Keine attraktiven Zinsversprechen»
Der zweite Pfeiler der Branche, das Geschäft mit Lebensversicherungen, schrumpfte hingegen erneut. Das Prämienvolumen nahm um 3,8% auf 29,5 Mrd CHF ab. Im Bereich der beruflichen Vorsorge (-4,2%) war der Rückgang ausgeprägter als im Einzelleben (-2,9%).

In der beruflichen Vorsorge seien die hohen Kapitalanforderungen verbunden mit den tiefen Zinsen und dem «überhöhten BVG-Umwandlungssatz» ausschlaggebend gewesen, so Helbling. Und im Einzelleben-Bereich könnten wegen der tiefen Zinsen kaum noch attraktive Zinsversprechen abgegeben werden. Ein Lichtblick war immerhin die positive Entwicklung bei fondsgebundenen Einzellebensversicherungen.

Der SVV fordere weiterhin eine Senkung des Umwandlungssatzes, sagte der neue SVV-Präsident Rolf Dörig. Er wünsche sich ausserdem, dass der Bundesrat nach dem Volks-Nein zur Rentenreform 2020 im letzten Herbst rasch einen Fahrplan für Reformen in der zweite Säule vorlege.

Mit Zuversicht ins 2018
Die kurzfristigen Aussichten für die Branche sind laut SVV-Direktor Helbling insgesamt gut, weil die Schweizer Wirtschaft im laufenden Jahr 2018 wohl wachsen werde. «Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch den Versicherungen gut», so seine Prognose.

Mittelfristig sieht der SVV grosse Chancen im Bereich Cyberrisiken. Die jährlichen Kosten für Cyber-Schäden beliefen sich derzeit laut einer Studie in der Schweiz auf 9,5 Mrd CHF, sagte Severin Moser, SVV-Vorstandsmitglied und CEO von Allianz Schweiz. Er geht deshalb davon aus, dass das heute relativ kleine Prämienvolumen für Cyber-Versicherungen markant wachsen wird. Eine grosse Herausforderung stelle allerdings noch die Prämienberechnung dar, räumte er ein. Die Risiken seien schwer kalkulierbar.

Gerne würde die Branche auch stärker in Insurtech-Firmen investieren. «Wir profitieren von den Ideen und Innovationen von Start-ups aus diesem Bereich und bieten im Gegenzug Versicherungs-Know-how», sagte SVV-Vizedirektor und Mobiliar-CEO Markus Hongler. Das Potenzial dieser Zusammenarbeit sei gross.

Grenzen setzten aber die aktuellen Vorschriften unter dem Swiss Solvency Test (STT). Insurtech-Firmen widmeten sich meistens nur einzelnen Teilen der Wertschöpfungskette, überliessen die kapitalintensiven Risiken den traditionellen Versicherungen und müssten daher auch nicht die gleichen Kapitalanforderungen erfüllen. Dadurch werde der Wettbewerb verzerrt. Hongler sprach von einer «digitalen Rosinenpickerei». (awp/mc/pg)

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