Vincenz-Prozess: Verteidiger halten Anklage im Raiffeisenprozess für «Quatsch»
Zürich – Bei der schrittweisen Investnet-Übernahme durch die Raiffeisenbank sei alles mit rechten Dingen zugegangen: Die Verteidiger der beiden Gründer der Beteiligungsfirma haben am Dienstag im Prozess rund um Ex-Bankchef Pierin Vincenz Betrugs- und Bestechungs-Vorwürfe zurückgewiesen.
An der Anklageschrift liessen die Verteidiger, die am sechsten Verhandlungstag des Raiffeisen-Prozesses an der Reihe waren, kein gutes Haar. Von einer tendenziösen Strafverfolgung sprach der Verteidiger des jüngeren Investnet-Gründers vor dem Bezirksgericht Zürich. «Die Staatsanwaltschaft will einfach ihre absurde Anklagethese durchboxen.»
Der Verteidiger des älteren Firmengründers bezeichnete eine Passage der Anklageschrift als Quatsch. Einen anderen Abschnitt stufte er als «fast schon spassig» ein. Es würden bloss unbewiesene Hypothesen vorgebracht, die Anklage sei zusammengeschustert, kritisierte er.
Die Staatsanwaltschaft wirft Ex-Raiffeisenchef Pierin Vincenz und dessen Geschäftspartner Beat Stocker unter anderem vor, sich verdeckt an der Private-Equity-Firma Investnet beteiligt zu haben. Daraufhin sollen sie darauf hingewirkt haben, dass die Raiffeisenbank dieses Unternehmen übernahm, um dabei privat unrechtmässige Gewinne einstreichen zu können.
Die beiden Investnet-Gründer sollen mit den beiden ein «Päckli» geschnürt haben; die Staatsanwaltschaft wirft ihnen deshalb mehrfache Gehilfenschaft zu Betrug und aktiver Bestechung vor.
Beteiligung laut Verteidigung bekannt
Sein Mandant habe Raiffeisen über Stockers bekannte Beteiligung schon vor der schrittweisen Übernahme informiert, da er einen Interessenkonflikt befürchtete, hielt der Verteidiger des älteren Investment-Gründers fest. Dass allenfalls Vincenz auch beteiligt gewesen sei, habe er gar nicht wissen können. So sei es Stocker vertraglich untersagt gewesen, seine Rechte Dritten zu überlassen.
Dass die Investnet-Gründer Vincenz und Stocker bestochen haben sollen, wies der Verteidiger ebenfalls zurück. Die Übernahmeverhandlungen seien von Teams geführt und die Verträge von diesen geprüft worden. Vincenz habe nicht alleine entscheiden können – eine Bestechung hätte also gar nichts gebracht, meinte der Verteidiger sinngemäss.
Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe habe die Raiffeisenbank öffentlich erklärt, dass sie keinen Schaden erlitten habe, merkte der Verteidiger weiter an. Erst als diese dann beschloss, «das Erfolgsmodell Investnet nicht mehr fortzuführen, wurde der Fortführungswert des Unternehmens vernichtet».
Der Verteidiger des jüngeren Investnet-Gründers argumentierte ähnlich. Zudem wies er darauf hin, dass das Verhältnis des 51-Jährigen zu Stocker distanziert gewesen sei, auch mit Vincenz sei es zu einem offenen Streit gekommen. Dies spreche klar gegen ein von der Staatsanwaltschaft suggeriertes vertrauensvolles deliktisches Zusammenspannen.
Einstellung oder Freisprüche
Weil sein Mandant seit zwei Jahren an einer irreversiblen neurologischen Krankheit leidet, verlangte einer der Verteidiger die Einstellung des Verfahrens aus gesundheitlichen Gründen.
Sollte es fortgeführt werden, forderte er mangels Beweisen einen Freispruch für den heute 68-Jährigen sowie eine angemessene Genugtuung. Dasselbe forderte auch der Verteidiger des 51-jährigen zweiten beschuldigten Investnet-Gründers. (awp/mc/ps)