Vontobel-VRP Herbert Scheidt.
Hamburg – Die Schweizer Privatbank Vontobel erwartet nach der Einigung im Steuerstreit mit Deutschland keine Flucht der Anleger in andere Steueroasen. «Ich glaube nicht, dass es zu grossen Vermögensabflüssen kommt», sagte Vontobel-Verwaltungsratspräsident Herbert Scheidt der «Financial Times Deutschland». Die Mehrheit der deutschen Kunden mit unversteuertem Geld in der Schweiz werde die zwischen den Staaten ausgehandelte Lösung voraussichtlich akzeptieren.
Die getroffene Vereinbarung sei eine «tragfähige Lösung für die Kunden, ihre Vergangenheit in Ordnung zu bringen», sagte Scheidt. Er erwarte nicht, dass die Anleger ihr Geld nach Hongkong, Macao oder Singapur verlegten. Das zeigten die Erfahrungen mit früheren Selbstanzeigen reuiger Steuersünder. «Interessanterweise haben viele deutsche Kunden, die ihr Vermögen freiwillig deklariert haben, nichts abgezogen. Sie haben die angefallene Steuerlast aus Geldern, die in Deutschland liegen, bezahlt und ihr Schweizer Sparschwein unangetastet gelassen.»
«Neue Realität»
Die Vereinbarung zur Abgeltungssteuer kommt für die Schweizer Banken nicht kostenlos. Sie müssen an Deutschland eine einmalige Garantiezahlung von zwei Milliarden Franken leisten, die später mit dem tatsächlichen Steueraufkommen verrechnet wird. Sobald sie mehr als vier Milliarden Franken überweisen, ist die Garantie abgelöst. Die Schweizer Banken müssen dazu technisch aufrüsten. Die Investitionen fallen in schwierigen Zeiten an. Vontobel-Präsident Scheidt spricht von einer «neuen Realität»: «Die Kosten steigen, gleichzeitig sinken die Erträge, unter anderem, weil im aktuellen Umfeld viele Kunden sehr viel Liquidität halten.» (awp/mc/ps)