Dr. Jörg Zeuner, Chefökonom der VP Bank Gruppe.
Vaduz – Die Atomkatastrophe in Japan hat die Diskussion über den Einsatz erneuerbarer Energiequellen neu entfacht. In Deutschland sollen nun 2022 die letzten Atomkraftwerke vom Netz gehen. In der Schweiz beginnt die stufenweise Abschaltung 2019 und endet voraussichtlich 2034. Eine langfristige Umstellung des Energiemixes erscheint aber nicht nur aus Risikoüberlegungen sinnvoll. Ökologische Argumente legen ebenfalls einen Paradigmenwechsel nahe.
«Die Notwendigkeit einer veränderten Energiepolitik besteht grundsätzlich. Ein schneller Wandel und globaler Umstieg auf erneuerbare Energien ist jedoch unrealistisch», betonte Dr. Jörg Zeuner, Chefökonom der VP Bank Gruppe in Vaduz, gestern auf einer Pressekonferenz der VP Bank zum Thema «Erneuerbare Energien – Chancen und Risiken für Investoren» in München.
Investitionen in Zukunftstechnologien mit Unsicherheiten behaftet
Um als Anleger mittelfristig an der Energiewende partizipieren zu können, muss nach Ansicht der VP Bank nicht zwingend direkt in die Hersteller von Anlagen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien investiert werden. Übergangslösungen wie Erdgas, Investitionen in Effizienzsteigerungen und der Umbau der Stromnetze sind interessanter als mit hoher Unsicherheit behaftete Investitionen in Zukunftstechnologien. «Aktien der Erdgasindustrie sind zudem meist etabliert und weisen eine stabile Gewinnentwicklung auf. Dies gilt auch für Unternehmen, die im Bereich Energieeffizienz und Netzinfrastruktur tätig sind», sagte Bernd Hartmann, Senior Investment Strategist bei der VP Bank.
Nicht von Wachstumspotenzial blenden lassen
Investoren sollten sich allerdings nicht nur vom bestehenden Wachstumspotenzial blenden lassen, da derzeit die herkömmlichen Energieformen noch über einen klaren Kostenvorteil verfügen. Die mittel- bis langfristigen Aussichten sind jedoch sowohl für Erdgas als auch für erneuerbare Energien sehr erfreulich. «Besonders beim Thema erneuerbare Energien darf zukünftiges Marktwachstum aber nicht mit einer positiven Aktienperformance gleichgesetzt werden», so Hartmann. Zwar besteht grundsätzlich erhebliches Potenzial für Betreiber, Hersteller und Zulieferer von erneuerbaren Energietechnologien, doch es gibt auch ebenso schwergewichtige Herausforderungen. So ist unklar, welche Technologien und Verfahren sich langfristig durchsetzen. Ebenso offen ist, welche Unternehmen sich innerhalb einer Technologie besonders positiv entwickeln.
Engagment in Erdgasbranche weniger risikoreich
Weniger risikoreich erscheint nach Ansicht der VP Bank daher derzeit ein Engagment in die Erdgasbranche, in der sich bereits zahlreiche Unternehmen etabliert haben. Anlagechancen bieten sich auch bei Unternehmen, die im Bereich Netzinfrastruktur tätig sind. Der Ausbau der erneuerbaren Energien stellt veränderte Anforderungen an die Netze. Attraktiv sind zudem auch Unternehmen, die dabei helfen, Energie zu sparen oder den Wirkungsgrad bestehender Anlagen zu erhöhen. Anleger sollten jedoch darauf achten, möglichst breit über die ganze Wertschöpfungskette zu investieren. «Anders als Unternehmen aus dem Bereich erneuerbare Energien erzielen sie auch ohne direkte oder indirekte staatliche Unterstützung solide Gewinne», erläuterte Hartmann. (VP Bank/mc/ps)