Von Oliver Schlumpf und Dr. Jörg Zeuner, VP Bank
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist nicht zu beneiden. Sie hat keinen Einfluss auf die drei wesentlichen Faktoren, die den CHF treiben: die europäische Schuldenkrise, den Konjunkturpessimismus und die lockere Geldpolitik der US-Notenbank. Den CHF vor diesen grossen Einflüssen zu schützen, fällt schwer.
Dennoch versuchen es die Schweizer Währungshüter erneut – mit anfänglichem Erfolg. Im August versuchte die SNB vor allem die Kosten und Risiken der Spekulation zu erhöhen:
- Das Direktorium denkt öffentlich über die Anbindung des CHF an den EUR nach.
- Die SNB ergreift eine Reihe von Massnahmen zur Ausweitung der Zinsdifferenz zur Eurozone. Der implizierte Geldmarktzins sinkt zumindest zeitweise unter null.
Die Diskussion um die Anbindung des CHF an den EUR gewinnt vor allem aufgrund des wachsenden politischen Konsenses an Glaubwürdigkeit – die Schweizer Politik ist sich nahezu einig, dass gehandelt werden muss. Ökonomisch ist eine Anbindung an den EUR aber durchaus mit hohen Risiken verbunden:
- Die Kapitalzuflüsse in die Schweiz können weiter anwachsen, solange die europäische Schuldenkrise weiter eskalieren kann.
- Der CHF ist bei einem Kurs deutlich unter 1.30 zum EUR immer noch zu stark. Eine Anbindung bei 1.30 oder höher würde massive Interventionen am Devisenmarkt erfordern. Dies wäre mit hohen Kosten verbunden und daher weniger glaubwürdig.
- Die Inflationserwartungen würden schnell auf europäisches Niveau ansteigen, da die SNB zur Verteidigung des Wechselkurses unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellen müsste.
- Die Zinsdifferenz zur Eurozone müsste über kurz oder lang verschwinden (wenn die Fixierung des Wechselkurses glaubwürdig ist), da ansonsten risikolose Arbitragegeschäfte möglich wären. Am Ende würde dadurch so viel Kapital aus der Schweiz abfliessen, dass die SNB zu Zinserhöhungen gezwungen wäre. Das könnte einige Schuldner in der Schweiz in Bedrängnis bringen.
- Der politische Rückhalt für die Aufgabe der geldpolitischen Autonomie durch die Anbindung des CHF an den EUR könnte bei steigenden Kosten schnell bröckeln. Die SNB wäre die Leidtragende.
- Bisher ist nicht klar, wann und wie man die Anbindung an den EUR aufheben würde. Das schafft Unsicherheit. Die SNB kann das «Exit-Szenario» nicht ankündigen, um ihren Spielraum nicht zu verlieren. Das eröffnet Raum für Spekulation. Der Devisenhandel kann durchaus unruhig bleiben.
- Die Glaubwürdigkeit der SNB ist gestiegen. Neben der Politik sind sich auch fast alle Analysten und Marktteilnehmer einig, dass der CHF überschossen hat. Spekulationsgewinne werden immer unsicherer.
- Die deutlich schlechteren Aussichten für die Schweizer Wirtschaft aufgrund der starken Währung und der weltweiten Wirtschaftslage schwächen den CHF.
- Der Konjunkturpessimismus für den Rest der Welt ist übertrieben – Aktiengewinne gehen dann einher mit einer teilweisen Abwertung des CHF.
Gemeinsam mit den Aktionen der SNB könnte eine Verbesserung der Stimmung daher bald die Trendwende im Frankenkurs mit sich bringen.
Europäische Schuldenkrise bleibt grösstes Problem
Das grösste Risiko für einen schwächeren CHF und eine nachhaltige Stabilisierung der Finanzmärkte bleibt die europäische Schuldenkrise. Noch sind die Märkte skeptisch, dass entweder die Europäische Zentralbank (EZB) oder der Rettungsfonds EFSF hinreichend italienische Staatsanleihen kaufen darf, um die Renditen nachhaltig nahe an oder unter 5 % zu halten. Ist dies letztlich der Fall, wird der Eurobond nicht mehr weit weg sein. Europäische Institutionen und damit die europäischen Regierungen werden dann zu den wichtigsten Gläubigern der Peripheriestaaten gehören.
Fazit
Wir rechnen mittelfristig mit einem schwächeren CHF. In der Vermögensverwaltung haben wir im August je nach Referenzwährung erste EUR- und USD-Positionen aufgebaut bzw. CHF-Positionen abgesichert.