Walter Oberhänsli, CEO und VR-Delegierter Zur Rose-Gruppe, im Interview
von Robert Jakob
Moneycab.com: Herr Oberhänsli, wenn man „die Rose“ als Amazon der Apotheken bezeichnet, finden Sie das eher gut oder schlecht?
Walter Oberhänsli: Der Vergleich hinkt nicht. Zur Rose verändert den Apothekenmarkt, wie das auch Amazon getan hat.
Bei den knappen Margen, die der konkurrenzintensive Medikamentenversandhandel liefert, müssen Sie ja Tag und Nacht nach Prozessverbesserungen Ausschau halten. Welche wird es demnächst geben?
Als logistikgetriebenes Unternehmen müssen wir unsere Prozesse ständig hinterfragen und optimieren. Ein zukunftsfähiger IT-Betrieb liefert den hierfür notwendigen Unterbau. Derzeit führen wir ein neues ERP-System ein.
Die vom Bundesgericht gesprochenen Einschränkungen beim Versand rezeptfreier Medikamente haben Zur Rose zu einer eigenen Präsenzapotheke geführt. Wie viele davon soll es in den nächsten zehn Jahren geben?
Die neue Flagship-Apotheke in Bern ist Teil einer Omni-Channel-Strategie. Das Bundesgerichtsurteil war nicht der Grund – obschon uns dieses Urteil in unserem Entscheid bestärkt hat. Ob und wie viele weitere Apotheken es geben wird, hängt vom Erfolg der Initiative ab.
«Die neue Flagship-Apotheke in Bern ist Teil einer Omni-Channel-Strategie.»
Walter Oberhänsli, VR-Delegierter Zur Rose-Gruppe
Die Omnichannel-Strategie geht natürlich schon ins Geld. Ende 2017 wird Ihre Anleihe zur Rückzahlung fällig. Werden Sie bereits vorher am Kapitalmarkt aktiv werden?
Darüber möchten wir zum heutigen Zeitpunkt nicht spekulieren. Angesichts der tiefen Zinsen werden wir sicherlich auch die Möglichkeit der Refinanzierung durch die Ausgabe einer neuen Anleihe prüfen.
Nach dem Einstieg der Beteiligungsgesellschaft Corisol mit einer ersten Geldtranche von 20 Millionen Franken wird Corisol weitere Mittel in der Höhe von 18 bis 24 Millionen Franken zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Zur Rose-Gruppe bereitstellen. Welche Meilensteine müssen Sie dazu erreichen?
Darüber haben wir mit Corisol Stillschweigen vereinbart.
Hatte die Aufhebung der Vinkulierung für Sie als Mitbesitzer mehr als eine emotionale Bedeutung?
Wir haben die Vinkulierung nicht aufgehoben, sondern modernisiert, um das Aktionariat auch für Investoren zu öffnen. Mitbewerber bleiben jedoch auch zukünftig von einer Beteiligung ausgeschlossen.
«Wir haben die Vinkulierung nicht aufgehoben, sondern modernisiert.»
Die stärkste Wachstumsrate hat zurzeit Specialty Care, das Geschäft mit Medikamenten für Langzeittherapie. Hat das jetzt Modellcharakter für die ganze Gruppe?
Wir sind überzeugt, dass dieser Markt an Bedeutung zunimmt. Die sich uns eröffnenden Möglichkeiten evaluieren wir derzeit, denn wir möchten den Markt mit unserem Know-how aus der Schweiz aktiv mitgestalten.
Im Juli 2015 vollzog die Zur Rose die Übernahme der 75%igen Beteiligung an BlueCare, einem Anbieter von vernetzenden Systemen im Schweizer Gesundheitswesen. Der Umsatz ist noch bescheiden. Welche Wachstumsziele verfolgen Sie da?
Die Beteiligung am IT-Dienstleister BlueCare ist ein Zugewinn für unsere Unternehmensgruppe und wird unsere Innovationskraft im Bereich der Digitalisierung weiter stärken. Die Wachstumspläne werden von einem unabhängigen Verwaltungsrat gemeinsam gefällt, denn BlueCare ist ein Gemeinschaftsunternehmen.
Gibt es ein vergleichbares Übernahmeziel in Deutschland?
Das ist nicht geplant.
Wie sehnlich warten Sie auf den Entscheid des Europäischen Gerichtshofs zur Medikamentenpreisbindung?
Das Urteil ist noch in diesem zweiten Halbjahr zu erwarten, ist also absehbar. Die Aussagen und die Begründungen des Generalanwalts stimmen uns optimistisch. Nun muss sich zeigen, ob der EuGH in seinem Urteil den Empfehlungen des Generalanwalts folgen wird.
Apotheker, selbstdispensierende Ärzte, Apothekenketten, Versandapotheker, Einzelhandel mit affiliierter Apotheke…das ist ein wahres Marktlabyrinth. Wie könnte man den gordischen Knoten lösen?
Marktvielfalt an sich bedeutet Wettbewerb, was positiv zu werten ist. Wichtig scheint mir, dass die Spiesse gleich lang sind. So profitiert an Ende der Kunde.
Zur Person:
Walter Oberhänsli, Schweizer, geb. 1958, ist seit 2005 Delegierter des Verwaltungsrats und CEO der Zur Rose Group AG. Von 1996 bis 2011 amtete er auch als Präsident des Verwaltungsrats. Er gründete das Unternehmen, das heute zusammen mit der Tochter DocMorris über 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, im Jahr 1993 gemeinsam mit 21 Ärztinnen und Ärzten. Bis 2004 war er als selbstständiger Rechtsanwalt tätig. Walter Oberhänsli hat Rechtswissenschaften an der Universität Zürich studiert.
Zum Unternehmen:
Die Schweizer Zur Rose-Gruppe ist mit ihren Marken «Zur Rose» und «DocMorris» Europas grösste Online-Apotheke und führende Ärztegrossistin in der Schweiz. Mit ihrem Geschäftsmodell trägt sie zu einer sicheren und qualitativ hochwertigen pharmazeutischen Versorgung bei. Sie zeichnet sich zudem aus durch die Entwicklung von innovativen Dienstleistungen im Bereich Arzneimittelmanagement, um die Wirksamkeit des Medikationsprozesses zu erhöhen.
Der operative Sitz der Zur Rose-Gruppe befindet sich in Frauenfeld, von wo aus auch der Schweizer Markt bedient wird. In Deutschland und Österreich ist die Gruppe mit Tochtergesellschaften in Heerlen (NL) und Halle an der Saale (DE) aktiv. 2015 übernahm sie eine Mehrheitsbeteiligung an BlueCare in Winterthur, Anbieter von vernetzenden Systemen im Schweizer Gesundheitswesen. Die Zur Rose-Gruppe beschäftigt an den verschiedenen Standorten über 800 Mitarbeitende und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2015 einen Umsatz von 834 Millionen Franken.
Die Aktien der Zur Rose Group AG (Valor 4261528, ISIN CH0042615283) werden auf den Handelsplattformen OTC-X der Berner Kantonalbank, eKMU-X der Zürcher Kantonalbank sowie der Lienhardt & Partner Privatbank Zürich AG gehandelt. Die im Zusammenhang mit der Finanzierung der DocMorris-Akquisition im November 2012 begebene Unternehmensanleihe über 50 Millionen Franken ist an der Schweizer Börse SIX Swiss Exchange kotiert (Valor 19972936, ISIN CH0199729366, Ticker ZRO12).
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