Wer ist als nächster US-Präsident besser für die Börse – Obama oder Romney? Klare Antwort: Es kommt drauf an.
Denver – Am 6. November entscheidet sich, wer der nächste Präsident der USA wird. Ob Barack Obama oder Mitt Romney das Rennen macht, ist für viele Investoren von Bedeutung. Denn republikanische Kandidaten gelten als wirtschaftsfreundlich und Inflationsbekämpfer. Den Demokraten eilt dagegen der Ruf voraus, dass unternehmerische Interessen bei ihnen einen nur geringen Stellenwert besitzen, während sie gleichzeitig ausgabenfreudig sind, was die Staatsfinanzen angeht. Je nach Wahlausgang werden Investoren daher ihre Portfolios neu gewichten.
Die Frage fesselt Investoren: Wer ist als nächster US-Präsident besser für die Börse – Obama oder Romney? Klare Antwort: Es kommt drauf an. Das ist das Ergebnis zahlreicher Studien, die das Analystenteam von Janus Capital Management zu diesem Thema untersucht hat. Die Resultate fallen gemischt aus, zumindest nicht so eindeutig, wie es notwendig wäre, damit Anleger gezielt auf einen „Polit-Faktor“ an den US-Märkten setzen könnten. Interessant scheint es zumindest zu sein, Amtsperioden zu betrachten. So hat Yale Hirsch erstmals Ende der 1960er Jahre anhand historischer Daten herausgefunden, dass es bei US-Aktien einen „Präsidentschaftszyklus“ gibt, der in Folgeuntersuchungen immer wieder bestätigt wurde. Demnach haben Anleger mit US-Dividendentiteln in der Zeit von 1960 bis 2011 im dritten und vierten Jahr der Amtszeit eines Präsidenten eine deutlich bessere Performance erzielt als in der ersten Hälfte der insgesamt vierjährigen Regierungsperiode. Und wie wirkt sich dieser „Präsidentenzyklus“ auf den Bondmarkt aus? Leider so gut wie überhaupt nicht, wenn es nach den wenigen Studien geht, die zu diesem Thema erschienen sind. Offensichtlich spielen am Bondmarkt andere Faktoren eine Rolle, die wenig beeinflusst werden von Regierungszyklen.
Bonds unter republikanischen Präsidenten mit besserer Performance
Ganz anders sieht die Sache aus, wenn es um die Performance der beiden Anlageformen innerhalb der gesamten Amtszeit eines Präsidenten geht. Unter einem republikanischen Amtsinhaber schnitten Anleger mit Bonds sowohl im kurzfristigen als auch im langfristigen Laufzeitbereich deutlich besser ab als in der Zeit eines demokratischen US-Präsidenten – was wiederum das Vorurteil bestätigt, dass die Federal Reserve unter einer republikanischen Regierung eine vergleichsweise straffere Geldpolitik verfolgt. Genau umgekehrt ist die Situation am Aktienmarkt. Unternehmensanteile entwickelten sich deutlich besser in der Amtszeit eines demokratischen US-Präsidenten gegenüber der eines republikanischen, wobei das durchschnittliche Plus bei Small-Caps deutlich höher ausfiel als bei den großen Standardtiteln.
Performanceunterschiede verringern sich
Die Schlussfolgerung aus all diesen Ergebnissen scheint auf den ersten Blick naheliegend: Wird Barack Obama Anfang November wiedergewählt, sind die Aktien kleinerer Unternehmen möglicherweise interessant, bei Romney könnten Investoren eher auf Anleihen setzen. Doch dieses einfache strategische Strickmuster ist mit Vorsicht zu genießen. So kommen neuere Studien zu dem Ergebnis, dass die Performanceunterschiede sowohl am Bond- als auch am Aktienmarkt im Zeitablauf immer weiter abnehmen. Ein Grund dafür ist aller Wahrscheinlichkeit nach, dass Regierungsentscheidungen heutzutage komplexer verlaufen als noch vor vierzig oder fünfzig Jahren und flexibel an politische Notwendigkeiten angepasst werden. Unbeantwortet bleibt auch die Frage, wie wichtig es ist, dass die Partei des Präsidentschaftsinhabers auch jeweils die Mehrheit im Senat und im Kongress besitzt.
Skepsis gegenüber „politischen“ Börsen angebracht
Viele der Studien lassen zudem den Gesichtspunkt des Risikos außen vor und machen keine Aussagen über die Volatilität an den jeweiligen Märkten in den Untersuchungszeiträumen. Hinzu kommt: Noch ist die Datenbasis, auf die sich viele Untersuchungen beziehen, nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten zu gering, um Zufallsergebnisse auszuschließen. So sind auch keine fundierten Aussagen möglich, inwieweit externe Ereignisse – Kriege, ökonomische Schocks und so weiter – die Performance von Aktien und Anleihen in einzelnen Jahren beziehungsweise Zyklen verzerrt haben. Skepsis gegenüber „politischen“ Börsen und Börsenregeln mag daher angebracht sein. Zudem scheint es egal, ob der neue Präsident der USA Obama oder Romney heißt: Denn im Weißen Haus wartet eine Menge Arbeit auf ihn. (Janus Capital Management/mc/ps)