Von Dietmar Lohrmann, CEO Worldwide Equity Research AG.
Zug – In unserem letzten Beitrag hiess der Titel “Branchenrotation oder make or break”. Inzwischen ist diese Frage schon fast beantwortet. Das “make” – also die Prosperität brachliegender Branchen wie etwa der Finanzbranche – kam nicht, während sich unsere WER-Signalstatistiken immer weiter verschlechterten. Konnte man in den letzten Wochen des Mai den schwachen USD noch als Vorteil – jedenfalls für die USA – werten, so keimt nun die Furcht auf, dass er völlig kollabieren könnte.
Doch sieht der Euro wirklich besser aus? Gegenüber dem Franken markierte er neue Tiefstände, was ebenso für den USD oder das Pfund gilt. Überhaupt gibt es kaum stabile Währungen gegen den CHF. Auch der YEN ist äusserst schwach. Damit bleibt die “Fluchtwährung” CHF äusserst begehrt und das schliesst eigentlich einen gesunden Markt aus. Auf der anderen Seite sehen wir relativ starke Bonds – warum auch immer – und Aktienindizes, die allesamt an wichtigen Widerständen gescheitert sind. Heute wurde im mittelfristigen Wochenchart des S&P500 erstmals seit September 2010 die von uns gemessene “Formation” auf short gedreht. Und das innerhalb einer modellgerechten Breakout/-down Struktur, deren Breakout (nach oben) bereits vergeblich versucht wurde und mithin der Breakdown droht.
Vom “false breakout” zum “true breakdown”
Meine langjährige Erfahrung sagt mir, dass ein solcher “false breakout” in den allermeisten Fällen zu einem “true breakdown” führt oder anders gesagt: was nicht mehr steigen kann, fällt. Es gibt aber Unterschiede, oder es gab diese zuvor. In den schwächlichen Emerging Markets hatte es begonnen und setzte sich dann in verschiedenen zunächst guten Branchen fort. Es war aber klar, und das besagte auch das letzte Statement hier: ohne steigende Finanztitel geht es nach oben nicht weiter.
Das scheue Geld verlässt den Spielplatz Aktien
Ob nun die drohende Umschuldung Griechenlands der Auslöser ist oder höhere Zinsen in Europa – gleichgültig, das scheue Geld verlässt den Spielplatz Aktien. Besser sehen hier schon einige Commodities aus. Nun wird man den “Spekulanten” wieder vorwerfen, sie würden die Lebensmittelpreise hochtreiben. Nur – jedem Käufer steht ein Verkäufer in gleicher Grösse gegenüber und das Spiel mit Futures ergibt keine Zinsen – dabei handelt es sich eigentlich um ein Nullsummenspiel. Anders bei Aktien. Dort spielen Bewertungen in der Zukunft eine grosse Rolle, Erträge also und diese kann man in Rohstoffen nicht finden. Sachwerte sind es, reinsten Wassers, was die Anleger wollen. Etwas in der Hand haben, kein Papier mehr.
httpv://www.youtube.com/watch?v=0HQSyzdo7Jg
Dietmar Lohrmann von Worldwide Equity Research erklärt im Video das WER Analysesystem
Finger weg von Bonds
Warum, aber die wertlosen Bonds? Als korrelative Gegenbewegung sind sie natürlich seit dem Beginn der “Krisen” – ab 2000 – beliebt, weil sie gegen Aktien laufen. Doch Vorsicht, Korrelationen ändern sich und es kann plötzlich die alte Dow-Theorie wiederbelebt werden. Wir jedenfalls würden Bonds zu keiner Rendite und zu keiner Laufzeit auch nur anfassen. Lenin fragte einmal verzweifelt im Schweizer Exil: “was tun?”. Vielen frustrierten Anlegern brennt diese Frage unter den Fingernägeln. Zwei Dinge sind möglich: Titel aus unserer WER-Datenbank mit guten Rankings/Ratings gegen einen schwachen Markt in’s Portfolio legen oder eben die Short-Seite spielen. Sofern die Grossrichtung Süden lautet, ist das Investment in Short-Instrumenten aber in jedem Fall nervenschonender. (WER/mc/ps)