Yellen dämpft Erwartungen an schnelle US-Zinserhöhung

Janet Yellen

Janet Yellen, scheidende Fed-Chefin. (Foto: © United States Government Work)

Stanford – Ganz so schnell wie gedacht könnte es mit den Zinsen in den USA nun doch nicht bergauf gehen. Zumindest hat Janet Yellen die Erwartungen vieler Marktbeobachter an eine schnelle Zinserhöhung gedämpft – nachdem die US-Notenbank-Chefin sie mit einer früheren Rede selbst angeheizt hatte. Zwar sieht sich Yellen durch jüngste Wirtschaftsdaten in ihrer Politik einer schrittweisen Anhebung der Zinsen bestätigt. Die Zentralbank sei noch nicht zu spät dran, um die Inflation im Zaum zu halten, sagte sie bei einer Rede an der Universität Stanford am Donnerstagabend (Ortszeit). Allerdings seien die Löhne «nur moderat» gestiegen und der amerikanische Industriesektor arbeite nach wie vor unterhalb der Kapazitätsgrenze.

Nach Einschätzung der Analystin Laura Rosner von der französischen Bank BNP-Paribas ist Yellen weiterhin nicht der Ansicht, dass in der US-Wirtschaft die Gefahr einer Überhitzung drohe. In ihrer Rede in Stanford gebe es keine starken Signale, die auf eine weitere Zinserhöhung in den USA bis einschliesslich März hindeuten.

Expertin: Deutlich vorsichtigere Töne
Ganz ähnlich fällt die Einschätzung des Experten Dirk Gojny von der National-Bank aus. Yellen habe sich «einmal mehr zurückhaltend» hinsichtlich weiterer Zinserhöhungen geäussert. Analystin Thu Lan Nguyen von der Commerzbank interpretierte die Rede dahingehend, dass Yellen «wieder deutlich vorsichtigere Töne» angeschlagen hat.

Die Commerzbank-Expertin spielte damit auf eine Rede an, die Yellen nur zwei Tage zuvor in San Francisco gehalten hatte. Am Mittwoch hatte die Notenbankchefin gesagt, dass sich die amerikanische Wirtschaft den Zielen der Fed annähere. Daher könne der Leitzins in diesem Jahr «ein paar Mal» angehoben werden.

Zweite Yellen-Rede innerhalb weniger Tage
An den Finanzmärkten wurden die Yellen-Aussagen von Mittwoch als ein Hinweise auf eine mögliche schnelle Zinserhöhung in den USA gewertet. Der US-Dollar konnte zeitweise deutlich zulegen und am Markt für Staatsanleihen kam es zu einem breitangelegten Anstieg der Renditen im freien Handel.

Die jüngsten Yellen-Aussagen an der Universität von Stanford werden dagegen von Marktbeobachter wiederum als «eher zurückhaltend» eingeschätzt. Der Kurs des US-Dollar ist aber nur zeitweise und vergleichsweise leicht unter Druck geraten.

Yellen hat in dieser Woche bereits ihre zweite Rede gehalten. Für gewöhnlich äussert sich die Notenbankchefin eher selten in öffentlichen Reden ausserhalb der Notenbank zu Fragen der Geldpolitik. Der gewählte US-Präsident Donald Trump hatte die Notenbank-Chefin im Wahlkampf angegriffen und ihr mit einer frühzeitigen Absetzung gedroht. Yellens reguläre Amtszeit läuft noch bis Februar 2018. Sie selbst hatte zuletzt immer wieder betont, im Amt bleiben zu wollen. (awp/mc/ps)

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