Zahlenspiele: Strukturierte Produkte auf quantitative Modelle
Von Serge Nussbaumer, fineo AG, www.fineo.ch
Den von Gier getriebenen Investor gegen ein völlig emotionsloses Anlagemodell austauschen – dieses anspruchsvolle Ziel sollen quantitative Strategien erfüllen. Wir vergleichen ausgewählte Modelle und die dazugehörigen Anlageprodukte aus Praxissicht.
Anlageentscheide können auf verschiedenste Arten getroffen werden. Zu allererst kommen einem die Fundamental- und dann die Chartanalyse in den Sinn. Eine regelbasierte Analyse kommt dann schon meistens als Nächstes. Diese sogenannte quantitative Analyse hat den grossen Vorteil, dass sie allen Beteiligten im Vorhinein bekannt und nicht beeinflussbar ist. Gerade wegen der aufgestellten Investmentregeln müssen nicht im Nachhinein gewisse Entscheide erklärt oder gar gerechtfertigt werden. Aus Sicht der Emittenten sind regelbasierte Investmentformen – gerade im aktuellen Anlageumfeld – oft eine der wenigen Möglichkeiten, neue Anleger zu gewinnen.
Licht ins quantitative Dunkel
Doch was sind quantitative, oder regelbasierte, Anlagemodelle? Wodurch zeichnen sich diese aus? Die Infografik zeigt in einer Matrixstruktur grafisch die Ingredienzien eines regelbasierten Produktes auf. An erster Stelle stellt sich die Frage, auf welche Assetkategorie das Modell basieren soll. Die so definierten Risk Factors werden wie definiert? Dies kann nach fundamentaler Grundlage sein oder, wie bei vielen Modellen, basierend auf einem Trend. Zu welchem Zeitpunkt erfolgt ein Rebalancing? Und wie ist der Korb gewichtet? Wie ein klassischer Basket alle gleichgewichtet? Oder wird versucht, das Beta auf ein Minimum zu reduzieren? Und wird dem Modell eine Risikokontrolle aufgesetzt, bspw. ein Volatilitäts-Cap oder eine CPPI-Struktur? Die Abbildung zeigt eine umfassende Übersicht.
Quantpfeil der Credit Suisse
Der ARROW («Allocation based on Risk Return Optimised Weights») ist ein Trendfolge-Modell, welches auf Aktien, Obligationen, Rohstoffen, börsengehandelten Immobilienaktien und Liquidität fusst. «Der CS ARROW Index vereint die Vorteile einer dynamischen Markowitz-Optimierung im Multi-Asset-Universum mit einer angestrebten Ziel-Volatilität. Er richtet sich somit an Investoren, welche über eine einzelne Anlage die Stärken des Diversifikationseffekts bei kontrolliertem Risiko optimal nutzen möchten», erläutert Stefan Bär vom Team Equity Derivatives bei der Credit Suisse die Strategie. Um die definierten Assetklassen abzudecken, werden Indizes oder Fonds verwendet. Diese Papiere werden in zwei Portfolios verteilt, ein dynamisches und ein defensives. Auf monatlicher Basis erfolgt ein Rebalancing. Je nachdem, welches Portfolio in den vergangenen drei Monaten sich besser entwickelt hätte, werden die Positionen im dynamischen oder defensiven Portfolio übergewichtet. Im Portfolio wird, basierend auf den Sechsmonatszahlen, das mean-variance Portfolio berechnet. Die maximale Gewichtung einer Position beträgt 40% (Ausnahme Liquidität). Das so entstandene Anlageportfolio wird dann auf eine Zielvolatilität von 6% eingestellt. Das ergibt die Cashquote. Bis zum nächsten Rebalancing wird eine Zielvolatilität von 8% verfolgt und allenfalls das Portfolio angepasst. Ansonsten wird es nicht weiter angefasst. Der Arrow wird von der Credit Suisse in USD gerechnet. Die Bank bietet den Index jedoch auch in einer gehedgten CHF- und EUR-Version an. Im März diesen Jahres hat das Institut einen Open-end-Tracker in qCHF (Valor 18135337) auf den Arrow lanciert.
«An erster Stelle stellt sich die Frage, auf welche Assetkategorie das Modell basieren soll.»
Zahlenwähe der ZKB
Das Modell Dynamic Asset Class Index (kurz DACI genannt) der Zürcher Kantonalbank ist ebenfalls ein Trendfolgemodell. Das Modell ist in die Hauptkategorien Aktien, Obligationen und Rohstoffe gegliedert. «Der DACI ist ausschliesslich regelbasiert und sucht im globalen Finanzmarkt aus aktuell 59 verschiedenen Basiswerten die Instrumente mit den am stärksten ausgeprägten Trends, kombiniert mit einem disziplinierten Risikomanagementansatz», so Hans-Georg Vetter, Leiter Strukturierte Produkte der Zürcher Kantonalbank. In diesen drei Assetklassen verfolgt das Modell total 39 Märkte. Basis bildet der normale Konjunkturzyklus. Auf monatlicher Basis errechnet das Modell, basierend auf der historischen Entwicklung, das optimale Portfolio für die Zukunft. Getreu nach dem Motto, was gut war, wird gut bleiben – im Unterschied zum Menschen völlig emotionslos. Über das Modell wird noch eine Zielvolatilität von 9% festgelegt. Das Modell wird vom externen Anbieter Rodex Risk Advisers gerechnet. Im Gegensatz zum Modell der Credit Suisse erfolgt die Umsetzung im Modell der ZKB mittels Futures. Aufgrund der zum Teil vorherrschenden negativen Korrelation und des tiefen Risikogehalts, gerade bei einzelnen Staatsanleihen, kann der Index auch über 100% investieren. Das führt dazu, dass Ende April die Asset Allocation im Modell wie folgt ausgesehen hat: 52% Aktien, 41% Rohstoffe und 594% Anleihen. «Zusätzlich ist der DACI so konstruiert, dass er ein effizienter Basiswert für Strukturierte Produkte und indexgebundene Lebensversicherungen ist», erklärt Hans-Georg Vetter abschliessend. Mit ZKB2HI, einem Kapitalschutzprodukt in CHF und einer Laufzeit bis November 2017, steht Anlegern ein investierbares ZKB-Quantmodell offen.
«Für Emittenten sind regelbasierte Investmentformen derzeit eine der wenigen Möglichkeiten, neue Anleger zu gewinnen.»
Zahlenrad der UBS
Einen klassischen Timing-Ansatz verfolgt die UBS mit ihren RADA-Index-Zertifikaten. RADA steht für Risk Adjusted Dynamic Alpha. Für Robin Lemann, Sales Public Distribution Schweiz bei der UBS, zählt besonders der Vorteil, «dass Anleger mit Produkten auf den UBS RADA eine Investition auf einfache Art und Weise aktiv bewirtschaften lassen können, ohne sich selber täglich darum kümmern zu müssen». Dabei unterliegt die Entscheidung, ob eine Kauf-, Verkaufs- oder Cashposition eingegangen wird, einer klaren Systematik und verhindert emotionale Entscheidungen. «Unsere Strategie wird bereits auf eine Auswahl von bekannten Aktien-Indizes sowie auf Emerging Markets angeboten», erläutert Lemann das verfügbare Produktspektrum. Basis für den RADA ist das Modell DERI der UBS. DERI steht für Dynamic Equity Risk Indicators. Mittels dem UBS DERI wird ein Faktor errechnet, der dann entscheidend ist, ob ein Aktienindex long oder short gegangen oder als dritte Möglichkeit alles in Cash gehalten wird. Der UBS DERI basiert auf sieben Faktoren: Volatilität, Risikoprämien, Swap-Spreads, Währungsschwankungen, relative Entwicklung von zyklischen zu defensiven Aktien, High-Beta-Aktienregionen und -sektoren und das Momentum. Die so gewonnene Kennzahl definiert nun im RADA, ob der Aktienindex, bspw. DJ Eurostoxx 50, long oder short gegangen oder alles in Cash parkiert wird. Das Rebalancing erfolgt auf börsentäglicher Basis. Interessant erscheint das Zertifikat mit dem Symbol RADAE, ein Open-end-Tracker-Zertifikat auf den UBS RADA TR Index auf DJ Eurostoxx 50 Index in EUR.
«Sucht ein Kunde eine sehr hohe Sicherheit, drängt sich das Produkt auf den ZKB DACI auf.»
Welches Produkt für welchen Anleger?
Sucht ein Kunde eine sehr hohe Sicherheit, drängt sich das Produkt auf den ZKB DACI auf. Bei genauerer Betrachtung des DACI lohnt sich dieser vor allem dann, wenn man von Extremereignissen ausgeht. Geht man weniger davon aus, lohnt sich der Gedanke, ein wenig Sicherheit herzugeben und dafür das Produkt auf den UBS RADA zu bevorzugen. Der Investor verzichtet auf den Kapitalschutz, dafür kann der RADA auch Short-Positionen eingehen. Als Daueroptimist und davon ausgehend, dass nicht alle Asset- Klassen sich gleich verhalten, bevorzuge ich den Tracker auf den ARROW der Credit Suisse. Gleichzeitig ist der ARROW auch in punkto Management Fee und Spread attraktiv gestaltet. Alle drei Modelle schalten den Faktor Mensch als Taktgeber für die Anlageentscheidung aus und reduzieren bei anziehendem (Verlust-)Risiko ihr Engagement. Strukturierte Produkte auf Quant-Strategien versprechen also deutlich mehr als nur Hüllen für simple Zahlenspiele, müssen sich aber gleichwohl in den nächsten Jahren am Markt beweisen.
«Alle drei Modelle schalten den Faktor Mensch als Taktgeber für die Anlageentscheidung aus.»