Zürich – Die Zeit des Gratisgeldes geht angesichts der weltweit steigenden Inflationsraten zu Ende. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) dürfte nach Ansicht der Zürcher Kantonalbank die Zinsen früher als bisher erwartet anheben. Neu geht die ZKB von einem ersten Zinsschritt der SNB schon im September aus.
Die ZKB begründet dies in der am Mittwoch veröffentlichten Publikation «Market Insights» damit, dass auch der Druck auf die Europäische Zentralbank (EZB) zugenommen hat. Innerhalb der EZB mehrten sich die Stimmen, die für eine Zinsanhebung im Juli plädierten. Denn die Inflationserwartungen notieren über dem Notenbankziel und dies sei ein Risiko für die Preisstabilität in der Währungsunion. Die EZB werde sich dann im September mit einem zweiten Zinsschritt um weitere 25 Basispunkte (BP) von der Phase negativer Zinsen verabschieden.
EZB verschafft SNB Spielraum
Das frühere Handeln der EZB eröffne auch der SNB einen grösseren Handlungsspielraum, schreibt die ZKB. Auch in der Schweiz nähmen die Inflationsrisiken zu und die SNB sei der Preisstabilität verpflichtet. Nun habe die SNB genügend Argumente für eine Revision der geldpolitischen Einschätzungen. Daher rechnet die ZKB neu mit einer ersten Leitzinsanhebung im September.
Zuvor hatte die ZKB diese erst im Dezember erwartet. Bei der nächsten Veröffentlichung ihre geldpolitischen Lagebeurteilung am 16. Juni könnte die SNB ihre bedingte Inflationsprognose nach oben anpassen. Damit würde die SNB die Finanzmärkte auf eine baldige Zinserhöhung einstimmen. Den Ausstieg aus der Negativzinspolitik dürfte die SNB bis im März 2023 vollzogen haben.
Leitzinsen bleiben tief
Die ZKB erwartet derzeit aber nicht, dass die Leitzinsen deutlich über die Nullmarke steigen. Denn im nächsten Jahr dürften die Inflationsraten – nicht zuletzt aufgrund von Basiseffekten – wieder zurückfallen. Zudem sei eine konjunkturelle Abkühlung wahrscheinlicher geworden.
Auch die Bewertung des Schweizer Frankens dürfte kein Hindernis für eine Leitzinserhöhung der SNB darstellen. Da die Inflation in der Schweiz deutlich geringer sei als in anderen Währungsräumen, sei der Schweizer Franken nicht mehr überbewertet, schreibt die ZKB. Der Vorsprung der EZB bei der geldpolitischen Straffung dürfte gar dazu führen, dass der Franken gegenüber dem EUR etwas schwächer werde.
Kein starker Anstieg der Anleiherenditen zu erwarten
Die Ankündigung der restriktiveren Geldpolitik dürfte zu nur einem moderaten Anstieg der Eidgenossenrenditen führen und in den kommenden drei Monaten die Jahreshöchststände nochmals getestet werden. Der Aufwärtsdruck auf die Renditen werde über das kommende Jahr aber wieder abebben. Denn die Finanzmärkte hätten schon viel vorweggenommen. Zudem steige das Interesse nachsicheren Anlagen und die konjunkturelle Abkühlung rücke zunehmend in den Fokus.
Neben der ZKB rechnet auch die UBS mit einem ersten Schritt im September und die Commerzbank gar schon im Juli. Nach Ansicht der Credit Suisse dürfte die SNB dagegen erst im Dezember den Leitzins um 25 BP anheben. (awp/mc/pg)