Zur Finanzierung der AHV braucht es laut UBS progressive Reformen
Zürich – Das Schweizer Vorsorgesystem hat an mehreren Fronten mit Problemen zu kämpfen, etwa mit der steigenden Lebenserwartung. Grossfamilien beziehungsweise hohe Geburtenraten seien jedoch nicht zielführend, um die Finanzierung der AHV ins Lot zu bringen, kommt eine Studie der UBS zum Schluss. Es brauche neue Denkansätze.
Die Finanzierung der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) basiere auf einem vor Jahrzehnten gezimmerten Generationenvertrag und hänge stark von den Jüngeren ab. «Der Vertrag verlangt eigentlich, dass wir genügend Kinder grossziehen, damit die Renten finanziert werden können», sagte UBS-Vorsorgeexpertin Jackie Bauer am Dienstag an einer Telefonkonferenz.
Das Problem ist allerdings, dass sich die Verhältnisse über die Jahre verändert haben. Aktuell wachse die Zahl der Pensionierten schneller als die Erwerbsbevölkerung, und das bringe die AHV-Finanzen in Schieflage. Und dieses Problem werde sich in den kommenden Jahren, wenn die «Babyboomer»-Generation in Rente geht, noch verschärfen.
Grossfamilien keine Lösung
Eine Kluft tut sich laut den UBS-Experten nicht nur zwischen Jung und Alt auf, sondern auch zwischen kinderlosen Erwachsenen und Eltern. Dabei sei die staatliche Altersvorsorge hierzulande auf Eltern angewiesen, welche die nächste Generation von Beitragszahlern grossziehe. Doch das koste Geld und hemme die Vermögensbildung.
Die Autoren der Studie machen aber sogleich klar: Bezüglich Rettung der umlagefinanzierten 1. Säule kann sich die Schweiz nicht auf einen erneuten Babyboom verlassen. Um den AHV-Fonds bis 2070 über höhere Geburtenraten ins Gleichgewicht zu bringen, wären fünf Kinder pro Frau nötig. Heute liegt der Durchschnitt etwa bei 1,5 Kindern je Frau.
Die meisten Personen wünschen keine so grossen Familien und die Schweiz wäre auch nicht auf ein solches Wachstum vorbereitet. Bis 2070 würde die Bevölkerung auf beinahe 30 Millionen Einwohner zulegen, wozu die Infrastruktur (Schulen, Spitäler, Wohnungen etc.) fehle, erklärte Bauer. Zudem hätte das Bevölkerungswachstum ungewollte ökologische Auswirkungen zur Folge.
Ausserdem wäre das Vorgehen, das Problem des steigenden Anteils an Pensionären mit einem Babyboom zu lösen, laut Bauer nicht nachhaltig. Denn einige Jahrzehnte später bräuchte es den nächsten Babyboom, um kommende Renten zu sichern.
Dynamischeres Umverteilungsmodell
Die AHV könne also nicht allein mit mehr Kindern vor dem finanziellen Aus gerettet werden, sagte Bauer. Vielmehr brauche es progressive Reformen. Dabei solle die Finanzierung unabhängig von der Anzahl Kinder funktionieren.
So liessen sich beispielsweise Rentenalter, Beiträge und Leistungen auf der Grundlage demografischer und wirtschaftlicher Entwicklungen dynamisch und regelbasiert anpassen, schlägt die UBS vor. Die Herausforderung bestehe darin, das richtige Gleichgewicht zwischen verschiedenen Massnahmen zu finden.
Als ein Beispiel für mögliche Reformen verwies Bauer auf das schwedische Modell, wo sich die Rentenzahlungen an den Entwicklungen der Finanzmärkte ausrichten. Wirft das angesparte Geld höhere Renditen ab, kann auch mehr ausbezahlt werden. Oder es müsse über die Erhöhung des Rentenalters diskutiert werden, was anhand der Lebenserwartung geschehen und allenfalls je nach Berufsgattung unterschiedlich gehandhabt werden könne. (awp/mc/ps)