Toulouse – Teure Dauerprobleme bei wichtigen Flugzeugtypen trüben die eigentlich guten Geschäfte des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus . Beim Militär-Transportflugzeug A400M musste der Konzern 2017 wegen technischer Mängel eine neue Sonderbelastung von 1,3 Milliarden Euro verkraften. Zugleich kämpft der Boeing-Rivale im wichtigen Segment ziviler Mittelstreckenjets mit neuen Triebwerksproblemen, die auch die Auslieferungen bremsen. Dennoch konnte Airbus seinen Jahresgewinn unter dem Strich auf 2,9 Milliarden Euro fast verdreifachen.
Ein überraschender Gewinnsprung im operativen Geschäft und die Aussicht auf eine unerwartet hohe Dividende liessen die Anleger an der Börse frohlocken. Die aktuellen Probleme traten dabei in den Hintergrund. Bis zum frühen Nachmittag gewannen die Airbus-Papiere an der Pariser Börse 10,65 Prozent an Wert auf 93,14 Euro und näherten sich als Spitzenreiter im französischen Index CAC-40 ihrem Rekordhoch vom Januar. Da hatten sie mit 93,76 Euro den höchsten Stand ihrer Geschichte erreicht. Auch im deutschen MDax waren sie am Donnerstag der stärkste Wert.
«Nicht schön»
«Das ist nicht schön», kommentierte Konzernchef Tom Enders bei Vorstellung der Jahreszahlen die neuen Triebwerksprobleme. Die Antriebe bei einem Teil der Exemplare des Verkaufsschlagers A320neo drohen während des Flugs auszufallen, Flugsicherheitsbehörden haben deshalb Betriebseinschränkungen verhängt. Der Vorstand macht es von der Lösung des Problems abhängig, ob er sein Ziel erreicht, in diesem Jahr insgesamt 800 Zivilflugzeuge auszuliefern. Das wären so viele wie noch nie und ein weiterer Schritt im Versuch, den Spitzenreiter Boeing einzuholen.
Betroffen von dem Triebwerksärger sind 32 bereits ausgelieferte Flugzeuge mit Triebwerken des Herstellers Pratt & Whitney (P&W) – bei einem Drittel davon geht es um beide Antriebe. Enders bemühte sich bei einer Pressekonferenz in Blagnac bei Toulouse aber, Bedenken zu zerstreuen. «Wir sind daran gewöhnt, beim Triebwerksthema Krisenmanagement zu betreiben», sagte er. Nach derzeitiger Planung könnten im April neue Triebwerke geliefert werden, bei denen das Problem gelöst sei.
Dem Triebwerksbauer tritt Airbus schon seit 2016 auf die Füsse, weil die Lösung von Hitze- und Softwareproblemen an den Triebwerken die Auslieferung vieler Jets verzögerte. Dadurch wackelten Airbus› Auslieferungsziele für 2017 bis kurz vor Jahresende, auch derzeit stehen rund 30 praktisch fertige Maschinen ohne Antrieb auf dem Hof. Neben den Triebwerken von P&W, an denen auch der deutsche Hersteller MTU mitarbeitet, habe auch der Konkurrenzantrieb des französisch-amerikanischen Herstellers CFM teilweise Probleme bei der Einsatzreife gezeigt. Dennoch hatte Airbus im vergangenen Jahr mit 718 ausgelieferten Verkehrsmaschinen einen neuen Firmenrekord aufgestellt.
Bei den gefragten Mittelstreckenjets der A320-Modellfamilie und ihrer spritsparenden Neuauflage A320neo würde der Hersteller die Produktion sogar gern noch viel stärker ausweiten als bisher gedacht. «Wir sprechen mit den Zulieferern über eine Erhöhung der Produktionsrate auf 70 Maschinen pro Monat», sagte Enders. Im vergangenen Jahr lieferte Airbus monatlich im Schnitt nur knapp 47 Jets der Reihe aus, ab Mitte 2019 sollen es 60 sein.
Dauerbaustelle A400M
Bei der Dauerbaustelle A400M hofft Enders, dass Airbus mit den jetzt zur Seite gelegten 1,3 Milliarden Euro das Schlimmste hinter sich hat. Das Unternehmen hat sich gerade mit Deutschland und den anderen Käuferstaaten auf eine Absichtserklärung verständigt, den Vertrag zu ändern, um das Risiko neuer Mehrkosten für Airbus zu verringern. Unter anderem ist ein neuer Zeitplan für die Auslieferungen vorgesehen. Das kann helfen, Vertragsstrafen für verspätete Lieferungen zu vermeiden.
Die A400M gilt als modernstes militärisches Transportflugzeug der Welt, hatte aber in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme gemacht. Enders hatte dafür neben Technikärger auch eine «unrealistische Vertragsgestaltung sowie ein unzureichendes Budget» verantwortlich gemacht und die Käufer zu Zugeständnissen gedrängt – er sprach von einem «Damoklesschwert», das über dem Konzern geschwebt habe. Nun äusserte er sich zufrieden: «Wir sind über den Berg». Die Vertragsänderung soll noch in diesem Jahr in trockene Tücher gebracht werden.
Zu einer der spannendsten Fragen zur Zukunft von Airbus hielt Enders sich bedeckt: Wer wird nach dem Ausscheiden des Deutschen im Frühjahr 2019 seine Nachfolge antreten? Der Abgang ist Teil eines umfassenden Umbaus im Top-Management. Verkehrsflugzeugchef Fabrice Brégier, die Nummer zwei des Konzerns, übergibt seinen Job schon kommende Woche an den bisherigen Chef der Hubschrauber-Sparte, Guillaume Faury. «Wir suchen eine neue Generation, die unser Unternehmen in die 2020er Jahre führen kann», sagte Enders.
Umsatz gehalten
Einstweilen geht er mit dem Rückenwind guter Zahlen in sein letztes Jahr an der Airbus-Spitze. Der Gewinnsprung erklärt sich allerdings auch dadurch, dass der Konzern im Jahr davor noch stärker unter den A400M-Problemen gelitten hatte – damals verbuchte er Sonderbelastungen von 2,2 Milliarden Euro. Zudem profitierte der Konzern 2017 vom Verkauf seines Verteidigungselektronik-Geschäfts und von der Entwicklung des Wechselkurses zwischen Euro und US-Dollar.
Doch auch im eigentlichen Geschäft ging es aufwärts, vor allem der Verkehrsflugzeugbereich konnte dank der gesteigerten Produktion zulegen. Der Umsatz blieb 2017 stabil bei 67 Milliarden Euro. Der um Sonderposten bereinigte operative Konzerngewinn (bereinigtes Ebit) wuchs um acht Prozent auf 4,25 Milliarden Euro. Im laufenden Jahr will Airbus ihn um 20 Prozent steigern. Für 2017 sollen die Aktionäre eine von 1,35 auf 1,50 Euro erhöhte Dividende erhalten und damit mehr als von Analysten erwartet. (awp/mc/ps)