Ramallah – Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat am Dienstag ein Ende aller Vereinbarungen mit Israel und den USA erklärt. Bei einem Treffen der Palästinenserführung in Ramallah sagte Abbas nach Angaben der Nachrichtenagentur Wafa, dies schliesse auch Sicherheitsvereinbarungen ein. Abbas reagierte damit auf Annexionspläne Israels im besetzten Westjordanland. Abbas hatte in der Vergangenheit ähnliche Drohungen geäussert, diese aber bisher nicht umgesetzt.
«Die Palästinensische Befreiungsorganisation und der Staat Palästina sagen sich von heute an von allen Verträgen und Vereinbarungen mit den Regierungen der USA und Israels los, sowie von allen Verpflichtungen, die aus diesen hervorgehen, einschliesslich der Sicherheitsvereinbarungen», sagte Abbas den Angaben zufolge.
USA voll verantwortlich
Israel müsse nun selbst die Verantwortung für die besetzten Gebiete übernehmen, sagte der Palästinenserpräsident den Angaben zufolge. Man mache die USA dabei als Partner einer Besatzungsmacht «voll verantwortlich für die Unterdrückung des palästinensischen Volkes».
«Die israelische Besatzungsbehörde muss von heute an alle Verantwortlichkeiten und Verpflichtungen gegenüber der internationalen Gemeinschaft als Besatzungsmacht übernehmen», sagte Abbas. Dies schliesse alle Konsequenzen angesichts des internationalen humanitären Völkerrechts ein, betonte er.
Höchst umstrittende Pläne
Israels neue Regierung will in Übereinstimmung mit dem Nahost-Plan von US-Präsident Donald Trump Siedlungen und das Jordantal im Westjordanland annektieren. Die Pläne sind international höchst umstritten. Israels rechtskonservativer Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte am Sonntag seine fünfte Amtszeit angetreten. Laut einer Koalitionsvereinbarung mit dem Mitte-Bündnis Blau-Weiss könnte er diese Pläne von Juli an Regierung und Parlament zur Billigung vorliegen. Es ist allerdings noch unklar, ob Israel dies tatsächlich so schnell tun will.
Trump hatte den Plan im Januar in Washington in Netanjahus Beisein vorgestellt. Den Palästinensern wird darin ein eigener Staat in Aussicht gestellt, allerdings unter harten Auflagen. Jerusalem soll demnach die ungeteilte Hauptstadt Israels bleiben. Abbas wies den Plan umgehend zurück. Die Palästinenser boykottieren die US-Regierung bereits, seit Trump Ende 2017 Jerusalem einseitig als Israels Hauptstadt anerkannt hat.
Keine Sicherheitskontrolle über eigene Grenzen
Trumps Plan sieht rund 70 Prozent der Fläche des Westjordanlandes für die Palästinenser vor. Die israelischen Siedlungen mit Hunderttausenden Israelis sollen aber bleiben. Ausserdem würden die Palästinenser zumindest zunächst keine Sicherheitskontrolle über ihre eigenen Grenzen erhalten.
Israel hatte während des Sechstagekrieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Palästinenser fordern die Gebiete für einen eigenen Staat – mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt.
Nach Veröffentlichung des Trump-Plans im Januar hatte Abbas bereits den Abbruch aller Beziehungen zu Israel und den USA bekräftigt. Er habe entsprechende Nachrichten an die USA und Israel geschickt, sagte Abbas damals bei einem Treffen der Arabischen Liga in Kairo. Im Juli vergangenen Jahres sagte Abbas auch, man werde die seit 1993 unterzeichneten Abkommen mit Israel aussetzen. Abbas hatte bereits einen Stopp der Sicherheitskoordination mit Israel ausgerufen. Diese ging aber de facto stets weiter.
Zwei getrennte Führungen
Israel und die Palästinenser hatten 1993 den ersten Friedensvertrag unterzeichnet. Danach wurde eine Selbstverwaltung der Palästinenser im Gazastreifen und Teilen des Westjordanlands eingerichtet. Die Autonomiebehörde ist für eine Vielzahl von Bereichen zuständig – von Wirtschaftsfragen bis zur inneren Sicherheit. 2007 übernahm die islamistische Hamas im Gazastreifen gewaltsam die alleinige Kontrolle. Seitdem gibt es de facto zwei getrennte Führungen – eine in Ramallah und eine in Gaza.
Die Palästinenser hatten sich von der Friedensvereinbarung mit Israel langfristig einen unabhängigen Staat erhofft. Verhandlungen über eine dauerhafte Friedensregelung liegen jedoch seit 2014 brach. Besonders der fortwährende Ausbau israelischer Siedlungen sorgt in den Palästinensergebieten für grosse Frustration. (awp/mc/pg)