Berlin – Der insolventen Air Berlin drohen heute Mittwoch erneut Dutzende Flugausfälle. «Für morgen liegen uns gegenwärtig 149 Krankmeldungen von Kapitänen und First Officers vor», schrieb der Vorstand der Fluglinie am Dienstag in einem internen Brief an die Belegschaft. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor. Ein Sprecher der Fluglinie bestätigte, dass es Flugstreichungen geben werde. Genauere Angaben könnten aber erst am Mittwochmorgen bekanntgegeben werden, sagte er.
«Das bedeutet, dass uns am Mittwoch ein ähnliches operatives Desaster wie heute droht. Dies wird uns noch näher an den Abgrund bringen», heisst es in dem Brief von Airline-Chef Thomas Winkelmann und seinen Vorstandskollegen Oliver Iffert und Martina Niemann.
Über 100 Flüge am Dienstag ausgefallen
Bereits am Dienstag hatten sich etwa 200 Kollegen krank gemeldet, mehr als 100 Flüge fielen aus, Tausende Passagiere waren betroffen. Nach Berechnungen der Air-Berlin-Finanzabteilung habe dieser Ausfall die Fluglinie rund fünf Millionen Euro gekostet. Sowohl die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit als auch der Betriebsrat ermahnten gesunde Kollegen, zur Arbeit zu gehen.
«Wir laufen massiv Gefahr, den Investorenprozess, den wir mit dem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung begonnen haben, nicht mehr zu einem möglichst positiven Ende zu führen», betonten die Vorstandsmitglieder. Um Investoren nicht zu verschrecken und möglichst viele Arbeitsplätze zu retten, sei es «entscheidend, den Flugbetrieb kurzfristig zu stabilisieren».
Zum Schluss betont der Vorstand, dass kranke Kollegen natürlich zu Hause bleiben müssten. «Aber für alle anderen gilt: Kommt Eurer Verantwortung für unsere Passagiere und die Arbeitsplätze aller Air Berliner nach und kommt zur Arbeit, damit wir einen unkontrollierten Zusammenbruch des Unternehmens vermeiden können.»
«Die Braut wird quasi für die Hochzeit hübsch gemacht»
Bereits am Montag war bekannt geworden, dass ein Leasinggeber zum 25. September zehn Langstreckenmaschinen zurückverlangt, Air Berlin strich daraufhin die Karibik-Flüge. Jedoch schon zu Anfang des Monats hatten die Berliner zahlreiche Langstreckenflüge aus Berlin und Düsseldorf auf die Streichliste gesetzt.
Gewerkschaftsvertreter äusserten daher einen Verdacht: Der Präsident der Vereinigung Cockpit, Ilja Schulz, sagte der «Rheinischen Post» (Dienstag), es bestehe die Sorge, dass die Langstrecke so unattraktiv gemacht werden solle, dass sie noch vor einer Übernahme eingestampft werden könne. Hintergrund könnte Schulz zufolge sein, dass man die gut bezahlten Langstreckenpiloten dann loswerden wolle. «Die Braut wird quasi für die Hochzeit hübsch gemacht. Das ist ein Skandal, den wir uns so nicht bieten lassen.»
Die verlustreiche Air Berlin hatte Mitte August Insolvenz angemeldet, nachdem ihre arabische Grossaktionärin Etihad die Zahlungen an die Berliner eingestellt hatte. Die Gewerkschaft Verdi forderte mögliche Investoren auf, auch die Beschäftigten der Air Berlin zu übernehmen. «Schluss mit dem Pokern um die besten Blechstücke, dafür schnelles Handeln für eine Sicherung der Arbeitsplätze zu guten Bedingungen», forderte Vorstandsmitglied Christine Behle. «Angst und Wut der Air Berliner eskalieren, weil es hier um Existenzen ganzer Familien geht.» (awp/mc/upd/pg)