(Foto: Air Berlin)
Berlin – Die Fluggesellschaft Air Berlin bereitet ihre Mitarbeiter angesichts anhaltender Verluste auf herbe Einschnitte vor. «Da wird es Härten geben, dass wir manches Liebgewordene nicht mehr werden machen können», sagte Unternehmenschef Hartmut Mehdorn am Donnerstag in Berlin. Jetzt sollen Strukturen und Arbeitsabläufe auf den Prüfstand. «Wir werden hier um einige ausserordentliche Massnahmen nicht herumkommen», sagte Mehdorn. Ziel bleiben schwarze Zahlen im kommenden Jahr. Zunächst aber soll der Verkauf des Vielfliegerprogramms Geld in die Kasse bringen.
Commerzbank-Analyst Johannes Braun nannte die Umstrukturierungspläne positiv, hält sie aber auch für notwendig. Für das Gesamtjahr erwarten Experten bei Air Berlin derzeit erneut einen dreistelligen Millionenverlust.
Einschnitte offen
Wie die angekündigten Einschnitte aussehen, steht laut Mehdorn noch nicht fest. Einen Medienbericht, demzufolge jede zehnte Stelle oder 900 Arbeitsplätze wegfallen sollen, wollte er weder bestätigen noch dementieren. Ein genauer Plan soll bis Jahresende vorliegen. Air Berlin wäre nicht die einzige Fluggesellschaft, die derzeit in grossem Stil Stellen abbaut: Die Lufthansa will 3.500 Arbeitsplätze in der Verwaltung streichen, bei Air France-KLM stehen 5.100 Jobs auf der Kippe, und die British-Airways-Schwester Iberia hat den Abbau von 4.500 Stellen angekündigt.
Treibstoffkosten, Konjunkturschwäche und Berliner Airport-Debakel belasten
Bei Air Berlin ergänzt das neue Sparprogramm mit dem Namen «Turbine 2013» das laufende Programm «Shape & Size». In dessen Zuge hat Air Berlin bereits die Flotte um 12 auf 158 Maschinen verkleinert und unrentable Verbindungen gestrichen. Mit Erfolg: Die Flieger wurden voller, die Ticketpreise stiegen. Allerdings zehrten höhere Treibstoffkosten, die schwache Konjunktur und die verschobene Eröffnung des Berliner Hauptstadtflughafens die Verbesserungen grossenteils wieder auf. Deshalb will der Vorstand nun Flugziele, Flotte, Bodenservice, Netzwerkplanung und den IT-Bereich unter die Lupe nehmen. Die Fluggesellschaft solle sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren, sagte Mehdorn. 2013 will er Air Berlin auch unter dem Strich wieder in die schwarzen Zahlen bringen. Den letzten Überschuss hatte die Gesellschaft im Jahr 2007 eingeflogen.
Verluste nicht ausgeglichen
Im wichtigen Sommerquartal bescherte eine glückliche Entwicklung des Dollarkurses der Gesellschaft einen kräftigen Gewinnsprung. Unter dem Strich verdiente Air Berlin von Juli bis September dadurch rund 67 Millionen Euro, mehr als doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) stieg lediglich um 4,5 Prozent auf 101 Millionen Euro. Den Konzernumsatz hielt Air Berlin trotz des gekürzten Flugangebots bei knapp 1,4 Milliarden Euro stabil.
Der Sommer ist für Fluggesellschaften die wichtigste Zeit im Jahr. In den Monaten Juli bis September fliegen sie üblicherweise den Grossteil ihrer Gewinne ein. Bei Air Berlin reichten die schwarzen Zahlen jedoch nicht aus, um den Verlust aus der ersten Jahreshälfte auszugleichen. Nach den ersten neun Monaten steckt das Unternehmen unter dem Strich noch mit rund 103 Millionen Euro in den roten Zahlen. Der operative Verlust (EBIT) liegt bei rund 78 Millionen Euro.
Schuldenabbau schwieriger
Der geplante Schuldenabbau könnte sich unterdessen teilweise bis ins nächste Jahr verzögern. Air Berlin muss dazu noch sieben Flugzeuge verkaufen. Dies gestaltet sich angesichts der trüben Aussichten für die Luftfahrtbranche schwieriger als gedacht. Bis Ende September wuchs die Nettoverschuldung auf 853 Millionen Euro. Wenn alle Flugzeuge noch in diesem Jahr verkauft würden, könnte sie bis Ende Dezember auf 500 Millionen Euro sinken, sagte Finanzvorstand Ulf Hüttmeyer.
Vielfliegerprogramm wird ausgelagert
Helfen könnte beim Schuldenabbau auch die Ausgliederung des Vielfliegerprogramms. Air Berlin will die Mehrheit an dem Geschäftsbereich noch in diesem Jahr an einen Investor abgeben, der das Programm mit 120 Partnern und mehr als drei Millionen Mitgliedern ausbauen soll. Die Mitglieder können bislang Bonuspunkte bei mehr 120 Partnern erwerben und einlösen, von Fluggesellschaften über Hotels und Autovermietungen bis zur Tageszeitung. Zu dem voraussichtlichen Käufer hielt sich die Air-Berlin-Spitze bedeckt, hält den Deal aber für eine hervorragende Idee, die nicht nur schnelles Geld bringen, sondern auch langfristig Vorteile erzielen soll. (awp/mc/pg)