Toulouse – Der Flugzeugbauer Airbus wird nach überraschend guten Geschäften im Sommer noch optimistischer für das laufende Jahr. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn vor Zinsen und Steuern (bereinigtes Ebit) soll jetzt etwa 4,5 Milliarden Euro erreichen – eine halbe Milliarde mehr als im Juli angekündigt. Zwar spürt der Hersteller derzeit wie viele andere Unternehmen Spannungen in seinen Lieferketten. Trotzdem zeigte sich Konzernchef Guillaume Faury am Donnerstag zuversichtlich, in diesem Jahr wie geplant rund 600 Verkehrsflugzeuge auszuliefern.
An der Börse kamen die Nachrichten gut an. Die Airbus-Aktie legte um bis zu gut drei Prozent auf 113,26 Euro zu. Am späten Vormittag betrug das Plus noch 2 Prozent auf 112,04 Euro, was einen der vorderen Plätze im deutschen Leitindex Dax bedeutete. In den war der Konzern im Zuge einer Index-Reform im September aufgestiegen. Seit dem Jahreswechsel hat das Papier damit fast ein Viertel an Wert gewonnen. Das Rekordhoch von 139,40 Euro vom Januar 2020 ist aber immer noch ein Stück entfernt.
Im dritten Quartal erzielte Airbus mit 10,5 Milliarden Euro sechs Prozent weniger Umsatz als im bereits pandemiegeprägten Sommer 2020. Der bereinigte operative Gewinn sackte sogar um knapp ein Fünftel auf 666 Millionen Euro ab. Während die Hubschraubersparte deutlich mehr verdiente, mussten das Verkehrsflugzeuggeschäft sowie die Rüstungs- und Raumfahrtsparte Rückgänge hinnehmen.
Dennoch steht nach den ersten neun Monaten konzernweit ein bereinigter operativer Gewinn von knapp 3,4 Milliarden Euro zu Buche. Damit fehlen noch 1,1 Milliarden, um das neue Ziel von 4,5 Milliarden in diesem Jahr zu erreichen.
Rückkehr zu schwarzen Zahlen
Unter dem Strich verdiente Airbus in den Monaten Januar bis September 2,6 Milliarden Euro, nachdem der Konzern ein Jahr zuvor wegen hoher Abschreibungen und Rückstellungen für den Abbau tausender Jobs mit 2,7 Milliarden Euro in die roten Zahlen geraten war. Mit seinen Ergebnissen übertraf Airbus nun die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.
Jetzt bereitet sich der Hersteller auf die Steigerung seiner Flugzeugproduktion vor, die er wegen der Corona-Krise im Schnitt um 40 Prozent gedrosselt hatte. Man arbeite «intensiv daran, die hierfür richtigen industriellen Kapazitäten sowie die Lieferfähigkeit der Zulieferkette sicherzustellen», sagte Faury. Das ist nicht ganz einfach, weil sich viele Zulieferer an die niedrigeren Produktionszahlen angepasst haben. Während Airbus in diesem Jahr rund 600 Verkehrsflugzeuge ausliefern will, waren es im Vor-Corona-Jahr 2019 noch 863 Stück.
Systemische Probleme sieht Faury in der Lieferkette aber nach eigener Aussage nicht. Es gehe eher um individuelle Schwierigkeiten einzelner Zulieferer. So habe sich die Lieferkette in der Corona-Krise als stabil erwiesen. Jetzt brauche es aber Zeit, um die Produktionsmengen wieder zu steigern.
A320-Produktionsziel erhöht
Dabei geht es vor allem um die vielgefragten Mittelstreckenjets aus der A320-Familie samt deren Neuauflage A320neo. Deren Produktion soll bis Sommer 2023 nun auf den Rekordwert von 65 Exemplaren steigen. Bisher hatte Airbus für das zweite Quartal 2023 monatlich 64 Jets angepeilt.
Faury hält bis Mitte des Jahrzehnts sogar eine Steigerung auf 75 Maschinen für angemessen. Die Nachfrage spreche dafür, sagte er. Allerdings müsse man erst noch sehen, ob die Zulieferer des Konzerns diese Mengen stemmen könnten. In der Krise hatte Airbus monatlich nur rund 40 Jets der A320-Familie gebaut, im laufenden Quartal soll die Produktion auf etwa 45 Exemplare zulegen.
Bei den grossen Langstreckenjets geht die Erholung deutlich langsamer voran, zumal der Flugverkehr auf den Interkontinentalstrecken noch stark unter den pandemiebedingten Reisebeschränkungen leidet. Dennoch will Airbus die Produktion des Grossraumjets A330neo Ende 2022 jetzt von zwei auf fast drei Maschinen pro Monat erhöhen. Dazu trägt laut Faury die jüngste Bestellung des deutschen Ferienfliegers Condor bei, der seine alte Boeing-Langstreckenflotte durch Airbus-Maschinen ersetzen will.
Beim Grossraumjet A350 verschiebt Airbus die geplante Steigerung von monatlich fünf auf sechs Maschinen hingegen leicht auf Anfang 2023. Die Monatsproduktion der kleinsten Modellreihe A220 soll weiterhin Anfang 2022 von fünf auf sechs Maschinen wachsen.
Die erhöhten Finanzziele für 2021 sind aus Faurys Sicht ein gutes Zeichen für die künftigen Vorhaben des Konzerns. So soll auch der Mittelzufluss vor Fusionen, Übernahmen und Kundenfinanzierungen mit 2,5 Milliarden Euro eine halbe Milliarde höher ausfallen als zuletzt geplant. «Wir stärken unsere Bilanz, um Investitionen für unsere langfristigen Ambitionen zu ermöglichen», sagte Faury.
Frachtversion der A350
Während die Produktion der etablierten Modellreihen noch weit vom Vorkrisenniveau entfernt ist, bereitet der Konzern eine Frachtversion der A350 vor, um seinem Rivalen Boeing aus den USA auch in diesem Bereich Konkurrenz zu machen. Der US-Konzern steckt schon länger in einer selbstverschuldeten Krise. Nach dem Debakel um den Mittelstreckenjet Boeing 737 Max kommen den Hersteller jetzt hartnäckige Probleme beim Langstreckenjet 787 «Dreamliner» teuer zu stehen. Im dritten Quartal sackte Boeing daher wieder in die roten Zahlen.
Unterdessen will Airbus bis zum Jahr 2035 ein marktreifes Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb auf den Markt bringen und damit CO2-neutrales Fliegen möglich machen. Derzeit arbeitet der Hersteller noch an den technischen Grundlagen. (awp/mc/ps)