Allianz-Schifffahrtstudie: Schiffsverluste gehen weiter zurück

Allianz-Schifffahrtstudie: Schiffsverluste gehen weiter zurück
Frachter "Amsterdam" der insolventen Reederei Hanjin.

Wallisellen – Totalschäden in der Schifffahrt sind im Laufe der letzten zehn Jahre um 50 Prozent zurückgegangen. Dies ist im Wesentlichen auf die Verbesserung der Sicherheitsbedingungen seitens der Schiffseigner zurückzuführen, wie aus dem fünften Safety & Shipping Review 2017 der Allianz Global Corporate & Specialty SE (AGCS) hervorgeht.

In der Schifffahrtsbranche wurden 2016 insgesamt 85 Totalverluste gemeldet, was einem Rückgang von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr (101) entspricht. Damit war das vergangene Jahr laut vorläufiger Zahlen das sicherste Jahr für die Schifffahrt, mit den geringsten Totalschäden seit einem Jahrzehnt. Die Zahl der Schifffahrtsunglücke reduzierte sich laut der AGCS-Studie, die sich auf gemeldete Schäden von und an Schiffen mit über 100 Bruttoregistertonnen konzentriert, mit 2.611 gemeldeten Unfällen ebenfalls leicht um 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Mit neuen Risiken konfrontiert
«Obwohl der langfristige Abwärtstrend bei den Totalschäden ermutigend ist, gibt es keinen Anlass sich zurückzulehnen. Vielmehr ist weiter Wachsamkeit notwendig», betont Baptiste Ossena, Global Product Leader Hull & Marine Liabilities bei der AGCS. «Die Schifffahrtsbranche ist mit steigendem regulatorischem Druck, schwindenden Margen und neuen Risiken konfrontiert.»

So werden Umweltprüfungen immer weiter verschärft und führen zu Rekordstrafen bei durch Schiffe verursachter Umweltverschmutzung. Die neuen Regelungen für das Management von Ballastwasser, die 2017 in Kraft treten, werden zwar in der Branche befürwortet, aber die Kosten für ihre Einhaltung könnten die jetzt schon unter Druck stehenden Reedereien zusätzlich belasten. Politische Risiken steigen in bestimmten Regionen wie dem Jemen und dem südchinesischen Meer, was sich möglicherweise auf die Schifffahrtsrouten auswirken könnte. Nicht zu unterschätzen ist auch die Bedrohung durch Cyberangriffe auf hoher See.

2016 ereignete sich mehr als ein Viertel der Totalschäden in der Seefahrt (23) in Südchina, Indochina und im Bereich Indonesien und Philippinen – dem Top-Hotspot des letzten Jahrzehnts. Die Zahl der Totalschäden blieb unverändert, war aber immer noch fast doppelt so hoch wie im östlichen Mittelmeer oder im Schwarzen Meer (12), wo Totalverluste am zweithäufigsten sind. Gestiegen ist die Zahl der Totalschäden in Japan, Korea und Nordchina, an der ostafrikanischen Küste, im südlichen Atlantik und der Ostküste Südamerikas sowie in den Regionen der kanadischen Arktis und der Küste Alaskas.

Frachtschiffe (30) machten mehr als ein Drittel sämtlicher Schiffsverluste aus; bei Passagierfähren war eine leichte Zunahme vor allem im Mittelmeer und Südostasien zu beobachten (8). Unterdurchschnittliche Standards bleiben in einigen Teilen Asiens ein Problem; dazu zählen unzureichende Sicherheitsstandards oder Wartung, mangelhafte Umsetzung von Vorschriften und die Überbesetzung mit Passagieren.

Schiffsuntergang häufigste Ursache für Totalschäden
Mit über 50 Prozent war Schiffsuntergang – oft in Verbindung mit schwerer See – die häufigste Ursache weltweiter Totalschäden in der Schifffahrt. Hingegen ging mehr als ein Drittel der noch reparablen Schiffsunfälle auf Maschinenschäden zurück. Vor allem im östlichen Mittelmeer und im Schwarzen Meer nahmen Schiffsunfälle 2016 zu (plus 16 Prozent) und übertrafen erstmals die Britischen Inseln als den Unfallschwerpunkt im vergangenen Jahrzehnt. Piraterie ging weltweit im Vergleich zum Vorjahr zurück; das International Maritime Bureau (IMB) registrierte 191 Vorfälle in 2016, rund 20 Prozent weniger als noch 2015. Andererseits haben sich laut IMB die Fälle von Crew-Kidnapping mit Lösegeldforderungen gegenüber dem Vorjahr verdreifacht.

Hanjin-Pleite unterstreicht wirtschaftlichen Druck
Der Zusammenbruch einer der weltgrössten Reedereien, der Hanjin Shipping, unterstreicht die wirtschaftliche Notlage der Branche infolge von Überkapazitäten und Druck auf Frachtraten. Insolvenzen nehmen zu, und bei hohen Schuldenständen und sinkenden Erträgen versuchen Reedereien, die Kosten für Wartung, Schulung oder Besatzungsstärke zu senken. «Ein sinkender Ausbildungsstand und unzureichende Wartung von Schiffen können das Sicherheitsrisiko steigern, insbesondere wenn Schiffseigner weniger erfahrene und geschulte Besatzungsmitglieder einstellen oder die Wartungsintervalle so weit wie möglich strecken, um auf diese Weise Geld zu sparen», erläutert Volker Dierks, der bei AGCS Zentral- und Osteuropa für Schiffsversicherungen verantwortlich ist. Laut AGCS-Analysen ist menschliches Versagen wertmäßig für ca. 75 Prozent von 15.000 untersuchten Seehaftpflichtschäden in Höhe von über 1,6 Mrd. USD von 2011 bis 2015 verantwortlich. «Die Schiffseigner müssen Inspektions- und Wartungsvorschriften weiterhin konsequent und kontinuierlich umsetzen», fordert Dierks. (Allianz Suisse/mc/ps)

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