Washington – In seiner ersten aussenpolitischen Rede hat der neue US-Präsident Joe Biden den internationalen Verbündeten eine Rückkehr zu enger Zusammenarbeit versprochen. «Amerika ist zurück. Die Diplomatie ist zurück», sagte Biden am Donnerstag bei einer Ansprache im US-Aussenministerium in Washington. «Wir werden unsere Bündnisse wieder aufbauen.» Der abgewählte US-Präsident Donald Trump hatte in den vier Jahren seiner Amtszeit viele internationale Verbündete verprellt.
Biden kündigte auch erste konkrete Entscheidungen an. Unter anderem stellte er klar, dass die von Trump angestossene Pläne zum Abzug 12 000 amerikanischer Soldaten aus Deutschland vorerst «gestoppt» sind. Ausserdem kündigte er einen Strategiewechsel mit Blick auf den Konflikt im Jemen an – und eine grosszügigere Aufnahme von Flüchtlingen in den USA.
Biden will Kurswechsel einleiten
Amtsvorgänger Trump hatte Partner rund um die Welt durch Alleingänge und den Bruch mit aussenpolitischen Traditionen reihenweise brüskiert. Internationalen Organisationen stand er sehr skeptisch gegenüber. Auch das Verhältnis zum Nato-Partner Deutschland wurde zunehmend frostig. Der neue US-Präsident will nun einen Kurswechsel einleiten.
Herausforderungen gemeinsam angehen
Biden mahnte, Herausforderungen wie Corona, Klimawandel und Kampf gegen die Verbreitung von Atomwaffen könnten Nationen nur gemeinsam angehen. «Wir können es nicht alleine tun.» Er wolle die Beziehungen mit den engsten Verbündeten – wie Deutschland – nach «Jahren der Vernachlässigung» wiederbeleben. Damit wolle er «wieder die Gewohnheit der Zusammenarbeit bilden und die Muskeln der demokratischen Bündnisse wieder aufbauen, die durch Jahre der Vernachlässigung und, ich würde sagen, Misshandlung verkümmert sind».
Klare Worte an Putin gerichtet
Mit Blick auf Russland sagte Biden, die USA arbeiteten auch mit Rivalen diplomatisch zusammen – wenn dies im Interesse ihrer Sicherheit sei. Deswegen habe er der Verlängerung des atomaren Abrüstungsvertrags New Start mit Russland zugestimmt. «Gleichzeitig habe ich Präsident Putin klargemacht, dass – ganz im Unterschied zu meinem Vorgänger – die Tage vorbei sind, in denen die USA angesichts von Russlands aggressiven Handlungen, der Einmischung in unsere Wahl, Cyber-Angriffen und der Vergiftung der eigenen Bürger, kuschen.»
Auch Moskaus Bemühungen, die Meinungs- und Versammlungsfreiheit zu untergraben, gäben Anlass zu grosser Sorge. Biden wiederholte die Forderung nach sofortiger Freilassung des Kremlkritikers Alexej Nawalny. Als grössten Konkurrenten bezeichnete er jedoch China. Die USA seien bereit, mit Peking zusammenzuarbeiten. Man werde der chinesischen Regierung aber aus einer «Position der Stärke» gegenübertreten. Den Iran erwähnte Biden in seiner Ansprache nicht.
Vorerst kein Truppenabzug aus Deutschland
Biden versicherte weiter, der Truppenabzug aus Deutschland sei vorerst «gestoppt». Bis zum Abschluss einer gründlichen weltweiten Überprüfung werde es keinen Truppenabzug geben. Trump hatte solche Pläne unter anderem mit zu geringen Verteidigungsausgaben des Nato-Partners begründet. Demnach sollte ein Drittel der zu der Zeit 36 000 Soldaten in Deutschland in die USA zurückkehren oder in andere europäische Nato-Länder verlegt werden. Dies hätte vor allem drei Standorte in Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz getroffen.
Keine Unterstützung von Kampfhandlungen in Jemen
In einer bemerkenswerten Abkehr von der Strategie der vorherigen Regierung wollen die USA nun ausserdem im Bürgerkriegsland Jemen keine Kampfhandlungen mehr unterstützen. Im ärmsten arabischen Land kämpft ein von Saudi-Arabien angeführtes Militärbündnis seit 2015 gegen die Huthi-Rebellen, die vom Iran unterstützt werden. Das US-Militär half mit Geheimdienstinformationen und logistischer Unterstützung. Zudem wurden Waffenverkäufe an Riad in Milliardenhöhe genehmigt.
USA wollen jährlich 125’000 Flüchtlinge aufnehmen
Biden versprach ausserdem, dass die USA künftig wieder deutlich mehr Flüchtlinge aufnehmen werden. Die jährliche Obergrenze solle im kommenden Haushaltsjahr auf 125 000 angehoben werden. Unter Trump war die Grenze zuletzt auf den historisch extrem niedrigen Wert von höchstens 15 000 Menschen in einem Haushaltsjahr gesenkt worden. (awp/mc/pg)