Arbeitslosigkeit in Eurozone fällt auf neues Acht-Jahrestief
Luxemburg – In der Eurozone sorgt der robuste Aufschwung weiter für Entspannung auf dem Arbeitsmarkt. Im Juni ist die Arbeitslosenquote auf den tiefsten Stand seit mehr als acht Jahren gefallen. Nach Angaben des Statistikamts Eurostat vom Montag betrug die Arbeitslosenquote 9,1 Prozent. Das ist der geringste Wert seit Februar 2009. Die positive Entwicklung im gemeinsamen Währungsraum wird von einer starken Entwicklung in Deutschland gestützt, wo zeitgleich mehrere Rekordwerte gemeldet wurden.
Insgesamt waren im Währungsraum nach Angaben von Eurostat knapp 14,72 Millionen Menschen ohne Arbeit und damit 148 000 weniger als im Mai. Eurostat revidierte ausserdem die Arbeitslosenquote für Mai nach unten. Sie habe demnach 9,2 Prozent betragen und nicht wie zunächst gemeldet 9,3 Prozent. Volkswirte hatten für Juni eine Quote von 9,2 Prozent erwartet.
Quote zeitweise über 12 Prozent
Seit 2013 geht es mit der Arbeitslosenquote im gemeinsamen Währungsraum tendenziell nach unten. In der Hochphase der Euro-Schuldenkrise war die Arbeitslosenquote zeitweise über die Marke von 12 Prozent gestiegen.
Deutschland und Malta mit der tiefsten Arbeitslosigkeit
Nach wie vor weisen die Mitgliedsländer des Euroraums sehr unterschiedliche Arbeitslosenquoten auf. Besonders niedrig ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland (3,8 Prozent) und Malta (4,1 Prozent). Nach wie vor sehr hohe Werte gibt es in Griechenland (April: 21,7 Prozent) und Spanien (17,1 Prozent).
Aktuelle Daten aus Deutschland deuten auch in den kommenden Monaten auf eine weiter robuste Entwicklung hin. So ist in der grössten Volkswirtschaft der Eurozone die Nachfrage nach Arbeitskräften im Juli auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Der Stellenindex «BA-X» der Bundesagentur für Arbeit aus Nürnberg ist seit 2014 nahezu kontinuierlich gestiegen. Mit 238 Punkten liegt der Indikator für Juli drei Punkte höher als im Juni und 21 Punkte höher als vor einem Jahr.
Inzwischen gibt es nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit kaum noch eine Branche, die nicht nach geeigneten Mitarbeitern sucht. Mit Ausnahme des öffentlichen Dienstes und des Bereichs Erziehung und Unterricht sei die Arbeitskräftenachfrage in allen Branchen höher als vor einem Jahr.
Inflation im Euroraum bleibt verhalten
Derweil bleibt der Preisauftrieb in der Eurozone verhalten. Nach Zahlen des Statistikamts Eurostat vom Montag erhöhten sich die Verbraucherpreise im Juli wie schon im Vormonat um 1,3 Prozent. Die Geldschwemme der Europäischen Zentralbank (EZB) führt damit weiterhin nicht zu einer nennenswerten Beschleunigung der Inflation. Analysten erwarten dennoch, dass die Notenbank ihre Geldpolitik in absehbarer Zeit etwas straffen wird.
Im Juli gab allenfalls die Kerninflation ein Lebenszeichen von sich, wie es Berenberg-Analyst Florian Hense formulierte. Das Inflationsmass, das schwankungsanfällige Komponenten wie Energie aussen vor lässt, stieg um 0,1 Punkte auf 1,2 Prozent. Die Kerninflation gilt unter Volkswirten als verlässlichere Grösse zur Abschätzung des grundlegenden Preisauftriebs. Auch die EZB hatte ihr zuletzt grosse Beachtung geschenkt. Spürbar teurer als ein Jahr zuvor waren im Juli Energie (2,2 Prozent) sowie Lebensmittel (1,4 Prozent) und Dienstleistungen (1,5 Prozent). Deutlich schwächer stiegen die Preise für Industriegüter (0,5 Prozent).
Mehrere Bankanalysten rückten ein Dilemma der EZB in den Mittelpunkt ihrer Kommentare. Im Kern argumentierten sie, dass die Inflation eigentlich nach wie vor zu schwach sei, um die milliardenschweren Anleihekäufe auslaufen zu lassen. Denn das Ziel der Geldschwemme von monatlich 60 Milliarden Euro, nämlich die Inflation an das Ziel der EZB von knapp zwei Prozent heranzuführen, sei nach wie vor nicht in Sichtweite.
EZB dürfte dennoch straffen
«Entsprechend gehen wir davon aus, dass die EZB auch künftig in ihrer Kommunikation stärker auf die gute wirtschaftliche Entwicklung abstellen wird», vermuteten die Ökonomen von der BayernLB. Verglichen mit der moderaten Teuerung hat die wirtschaftliche Entwicklung in den vergangenen Monaten grössere Sprünge gemacht. So wächst die Wirtschaft in fast allen Euroländern wieder solide, was die hohe Arbeitslosigkeit zurückgehen lässt. Eurostat meldete am Montag einen neuen achtjährigen Tiefstand der Arbeitslosigkeit.
Das Mandat der EZB ist jedoch vor allem auf Preisniveaustabilität ausgerichtet. Diese nimmt sie bei Preissteigerungen von knapp zwei Prozent an. Eine solche Rate wurde jedoch seit mehreren Jahren nicht mehr erreicht, weshalb die Notenbank ihre Geldpolitik massiv gelockert hat. Allerdings zeichnet sich ein Ende der Geldschwemme ab: Fachleute rechnen für das kommende Jahr mit einem schrittweisen Abschmelzen der Anleihekäufe. Eine erste Zinsanhebung dürfte aber noch länger auf sich warten lassen. (awp/mc/upd/pg)