ArcelorMittal-CEO Lakshmi Mittal.
Brüssel – Der Stahlkonzern ArcelorMittal kommt bei der EU-Strafe wegen Teilnahme an einem Kartell glimpflicher davon. Die EU-Kommission hat das Bussgeld von ursprünglich 276 auf nur noch 45,7 Millionen Euro gesenkt, weil es Berechnungsfehler gab und die Tochterunternehmen die Summe nicht aufbringen konnten.
Das sagte die Sprecherin von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Dienstag in Brüssel. Der Weltmarktführer mit Sitz in Luxemburg muss zahlen, weil er mit Konkurrenten jahrelang verbotenerweise Preise für Spannstahl abgesprochen und Märkte aufgeteilt hat. «Die Kommission hat die Strafe gesenkt, weil die Töchter die Summe nicht aufbringen konnten und ArcelorMittal sich geweigert hat, es für sie zu übernehmen», sagte die Sprecherin. Der Fall zeige, dass in aussergewöhnlichen Situationen Ergebnisse nicht erzwungen werden könnten. Die Kommission habe von insgesamt 13 Anträgen auf Zahlungsunfähigkeit drei angenommen.
Berechnungsfehler in Brüssel
Zudem gab die Kommission Fehler in der Berechnung zu. Das jahrelange Kartell habe vorwiegend aus Töchtern von ArcelorMittal bestanden, die bereits vor der Gründung des Stahlkonzerns existierten. Als Mittal den neuen Konzern ArcelorMittal gegründet habe, lief das Kartell schon 15 Jahre lang. «Deshalb war ArcelorMittal gemeinsam mit den Töchtern nur verantwortlich für die letzten drei Jahre des Kartells», räumte die Kommission ein. Ausserdem gewährten die Wettbewerbshüter Nachlässe für Firmen, die bei der Aufklärung kooperiert hatten.
Gesamtstrafe knapp halbiert
Die Gesamtstrafe für die 17 am Kartell beteiligten europäischen Stahlproduzenten reduziert sich dadurch von 518 auf 269 Millionen Euro, wie die Kommission schon am Montagabend mitgeteilt hatte. Nach Ansicht der Kartellhüter ist es erwiesen, dass die europäischen Stahlproduzenten fast zwei Jahrzehnte lang Preise für Spannstahl abgesprochen, die Märkte aufgeteilt und Lieferquoten festgelegt haben. Zwischen 1984 und 2002 war das Kartell in fast ganz Europa aktiv, mehr als 550 Mal trafen sich die Konzernvertreter.
Saarstahl profitiert von Kronzeugenregelung
Bei Spannstahl handelt es sich um Drähte, die in Beton eingezogen werden und beispielsweise beim Bau von Brücken und Balkonen notwendig sind. Die Kommission kann Kartelle mit Strafen von bis zu zehn Prozent des Umsatzes belegen. Im September 2010 hatte die EU-Kommission das Bussgeld für einen deutschen Teilnehmer des Kartells, WDI/Pampus (Hamm/Westfalen) reduziert. Statt 56 blieben 46,5 Millionen Euro übrig, weil die EU-Behörde die Kooperation des Unternehmens strafmildernd berücksichtigte. Saarstahl profitierte von der Kronzeugenregelung. Da der Konzern die EU-Kommission 2002 informiert hatte, wurde ihm die gesamte Strafe erlassen. (awp/mc/ps)