Griechenlands Verteidigungsminister Panos Kammenos.
Athen / Brüssel – Staatspleite, Grexit, Rückkehr zur Drachme: Während sich Athen im Schuldenstreit mit Europa in Optimismus übt, erörtern die Euroländer bereits Notfallpläne für das pleitebedrohte Griechenland. Entsprechende Szenarien haben die Finanzstaatssekretäre der Euroländer erstmals am Freitag in Bratislava besprochen. Aus Athen hiess es dagegen, eine Einigung mit den Gläubigern sei bis zur Tagung der Eurogruppe am nächsten Donnerstag möglich.
«Es wird eine Einigung geben, weil eine Pleite Griechenland weder zugunsten von uns noch unseren Gläubigern wäre», gab sich Staatsminister Alekos Flambouraris am Freitag im Staatssender ERT zuversichtlich.
Syriza-Koalitionspartner macht Druck
Die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank (EZB) und der IWF verhandeln mit Athen über ein verbindliches Reformprogramm. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass Griechenland bisher blockierte Hilfsgelder in Höhe von 7,2 Milliarden Euro erhalten kann, um es vor der Pleite zu retten. Börsianern zufolge haben sich die Sorgen um Athen inzwischen verstärkt.
Der Junior-Koalitionspartner in der Regierung von Alexis Tsipras macht Druck: Entweder gebe es bis zum 18. Juni eine Einigung oder Athen werde seine Schulden an die Geldgeber «nie» zurückzahlen, so der Parteichef der rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen, Verteidigungsminister Panos Kammenos, im Sender Mega.
Renten- und Lohnkürzungen nicht akzeptabel
Zu den von den Finanzstaatssekretären erörterten Notfall-Plänen gehören unter anderem Kontrollen des Kapitalverkehrs. Solche Kontrollen könnten aber nur von Athen selbst angeordnet werden, hiess es in Bratislava. Ziel solcher Notmassnahmen ist es, den Abfluss von Geldern aus einem Land zu bremsen. Die Euro-Finanzminister hatten bisher in der Eurogruppe nicht über Alternativszenarien zu einer Rettung Griechenlands diskutiert.
Die Regierung in Athen ist bereit, die Unterredungen mit den Gläubigern anzukurbeln, damit es bald zu einem Abkommen kommt. Renten- und Lohnkürzungen jedoch werde Griechenland nicht akzeptieren, verlautete am Freitag aus Kreisen der Regierung in Athen. Die griechische Regierung verhandle lediglich über eine Umstrukturierung der Schulden sowie niedrige primäre Überschüsse, damit die Wirtschaft wieder angekurbelt werden kann, hiess es. Griechenland bleibt damit weiter hinter grundsätzlichen Forderungen der Gläubiger zurück.
Geldgeber machen Druck
Die Euro-Finanzminister beraten am 18. Juni in Luxemburg über die Finanzkrise. Dann wird auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, wieder mit am Tisch sitzen.
Die Geldgeber machen Druck. Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem mahnte Griechenland dringend, endlich seriöse Vorschläge zur Lösung der Schuldenkrise vorzulegen. «Wenn die griechische Regierung nicht bereit ist, schwierige Massnahmen zu ergreifen, dann kommen sie nie aus der Misere», sagte er am Freitag in Den Haag im Fernsehen.
Merkel glaubt an Lösung
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geht in den festgefahrenen Griechenland-Verhandlungen weiter von einer Lösung aus. «Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg», bekräftigte sie am Freitag in Berlin. «Aber der Wille muss von allen Seiten kommen», betonte die Kanzlerin.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte: «Wir arbeiten dafür, dass Griechenland ein Mitglied der Eurozone bleiben kann.» Er wies damit Berichte zurück, wonach die Bundesregierung inzwischen mit einem Austritt Griechenlands aus der Eurozone («Grexit») plane.
Deutsche Mehrheit für Verbleib Griechenlands
Die Deutschen sind mit knapper Mehrheit für einen Verbleib Griechenlands im Euro. Bei einer Umfrage des Instituts TNS-Emnid für das Nachrichtenmagazin «Focus» sprachen sich 46 Prozent dafür aus, dass die Griechen den Euro behalten. 42 Prozent sind dafür, dass das Land zu seiner alten Währung, der Drachme, zurückkehrt.
In Athen rief unterdessen der Chef der oppositionellen konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, die Regierung zu einer «nationalen Verständigung» auf. Für die Regierung Tsipras› gebe es keinen anderen Weg mehr, hiess es. Samaras, der im Januar abgewählt worden war, fordert seit Wochen die Bildung einer neuen Regierung der nationalen Einheit unter Beteiligung aller demokratischen Parteien des Landes. (awp/mc/upd/ps)