Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis. (Foto: Bundesministerium der Finanzen, Foto: Jörg Rüger)
Washington / Athen – Griechenland will seinen Zahlungsverpflichtungen nachkommen und in den Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern möglichst bald eine Einigung erzielen. Finanzminister Gianis Varoufakis sagte dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die Rückzahlung eines Kredits von rund 450 Millionen Euro zu, der am Donnerstag fällig wird.
Nach einem Treffen mit der IWF-Chefin Christine Lagarde in Washington betonte der Minister in der Nacht zum Montag: «Die griechische Regierung erfüllt immer ihre Verpflichtungen gegenüber allen Gläubigern, und sie hat vor, dies auch weiterhin zu tun.» Lagarde betonte in einer schriftlichen Erklärung, anhaltende Unsicherheit liege nicht im griechischen Interesse.
Varoufakis: Diverse Reformen werden in die Tat umgesetzt
Varoufakis versicherte seinerseits, sein Land werde diverse Reformen in die Tat umsetzen. Ziel sei jetzt, das Verfahren der Verhandlungen mit den Geldgebern «viel effektiver zu machen». Wie die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen des Finanzministeriums erfuhr, versucht Athen den IWF dazu zu bewegen, von der Forderung abzugehen, dass Griechenland für den Erhalt dringend benötigter Hilfen bis Juli eine Reihe von Einschnitten vornehmen müsse.
Der IWF verlangt dem Vernehmen nach Rentenkürzungen und die Erhöhung der Mehrwertsteuer. Die anderen Geldgeber in Europa seien «flexibler», berichteten übereinstimmend griechische Medien am Montag. Die Verhandlungen Griechenlands mit den Geldgebern sollen diese Woche in Brüssel und Athen intensiviert werden.
Erwartungen an Treffen der Staatssekretäre heruntergeschraubt
Allerdings gilt eine baldige Auszahlung neuer Hilfen als unwahrscheinlich. In Brüssel wurden Erwartungen an das Treffen der Finanzstaatssekretäre der 19 Euroländer an diesem Mittwoch und Donnerstag heruntergeschraubt. Es werde voraussichtlich – wie schon bei der Schaltkonferenz in der vergangenen Woche – um eine Bestandsaufnahme gehen, hiess es am Osterwochenende in EU-Kreisen.
In der Runde hatte es vor Ostern keine Gewissheit gegeben, dass Griechenland an diesem Donnerstag die Rückzahlung an den IWF stemmen kann. Auch mit einer baldigen Einberufung eines Sondertreffens der Euro-Finanzminister werde derzeit nicht gerechnet, hiess es. Die nächste Zusammenkunft der Ressortchefs ist am 24. Mai im lettischen Riga geplant. Nur die Minister können neue Milliardenhilfen an Griechenland auf den Weg bringen.
Varoufakis: Lösung nur in der «europäischen Familie»
Eine Lösung in der griechischen Finanzkrise kann nach den Worten von Varoufakis nur in der «europäischen Familie» gefunden werden. Zu den seit Tagen kursierenden Gerüchten, Griechenland könnte Kredite ausserhalb der EU (wie etwa in Russland oder China) suchen, antwortete der Minister dem Athener Wirtschaftsblatt «Naftemboriki»: «Die Lösung der Krise (…) betrifft die europäische Familie und muss im Rahmen der EU gefunden werden.» Am 8. April reist der griechische Regierungschef Alexis Tsipras zu einem Besuch nach Moskau.
Regierungssprecher Gabriel Sakellaridis wies Befürchtungen zurück, die Russlandreise von Tsipras könnte eine Distanzierung Griechenlands von der EU bedeuten. «Die proeuropäische Haltung Griechenlands ist gesichert», sagte er dem TV-Sender Mega. Nach Worten des stellvertretenden Finanzministers Dimitris Mardas verfügt die griechische Regierung über genügend Gelder, um in dieser Woche die Renten und die Gehälter für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst auszuzahlen. «Das heisst aber nicht, dass wir in der übernächsten Woche kein Geld mehr haben», betonte er.
Griechisches Parlament setzt Untersuchungsausschuss zur Schuldenkrise ein
Im griechischen Parlament nahm am Wochenende ein Untersuchungsausschuss die Arbeit auf, der herausfinden will, wer für die Schuldenkrise des Staates verantwortlich war. Dem Gremium gehören auch internationale Experten an. Es befasst sich mit der Amtszeit des sozialistischen Regierungschefs Giorgos Papandreou (2009 bis 2011), des parteilosen Übergangs-Regierungschefs Lucas Papademos (2011 bis 2012) und der Koalitionsregierung der Konservativen und der Sozialisten (Juni 2012 bis Januar 2015) unter dem damaligen Premier Antonis Samaras. (awp/mc/ps)