Athen unter Zugzwang – Rettung aus China und Russland?
Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis. (Foto: Bundesministerium der Finanzen, Foto: Jörg Rüger)
Athen / Washington – Die internationale Finanzwelt hat Athen eindringlich zu tiefgreifenden Reformen aufgefordert, um eine Staatspleite noch abzuwenden. Notenbanker, Finanzminister und US-Präsident Barrack Obama gaben sich auf dem Frühjahrstreffen des IWF und der Weltbank zunehmend besorgt über die Situation in Griechenland. Die Experten der Geldgeber haben unterdessen ihre Verhandlungen mit Griechenland über das verlangte Reformpaket fortgesetzt. Die sogenannte «Brüssel-Gruppe» nahm am Samstag die Gespräche wieder auf – diese dauerten am Sonntag an.
Dies werteten EU-Kreise als gutes Zeichen, allerdings wurde nicht mit Entscheidungen gerechnet. Die Experten wollen das Treffen der EU-Finanzminister am Freitag (24.4.) im lettischen Riga vorbereiten. Zu der Gruppe gehören Vertreter der Athener Regierung sowie Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB), des Rettungsschirms ESM sowie des Internationalen Währungsfonds (IWF).
IWF bekräftigt klare Haltung gegen Athen
EZB-Präsident Mario Draghi forderte eine Verhandlungslösung zwischen Athen und den Geldgebern, die fair sei und dem Land Wachstum sowie finanzielle Stabilität biete. «Wir wollen alle, dass Griechenland Erfolg hat.» Athen könne als Teil der europäischen Währungsunion nicht isoliert Politik machen.
IWF-Chefin Christine Lagarde bekräftigte ihre klare Haltung gegenüber Athen: Sie verlange von den griechischen Verantwortlichen «nicht nur eine Beschleunigung, sondern auch eine Vertiefung der Arbeit». Griechenlands informelle Bitte um einen Zahlungsaufschub bei der Tilgung der IWF-Kredite hatte sie zuvor klar zurückgewiesen.
Griechischer Politiker schliesst Volksabstimmung nicht aus
Unterdessen schliesst der stellvertretende griechische Regierungschef Giannis Dragasakis eine Volksabstimmung oder auch vorgezogene Parlamentswahlen in Griechenland nicht aus. Dies seien Möglichkeiten bei einem Scheitern der Gespräche Athens mit den Geldgebern. «In unserem Hinterkopf sind diese Möglichkeiten (Volksabstimmung oder Wahlen)», sagte Dragasakis der Athener Sonntagszeitung «To Vima.» Dies wäre ein «Ausweg» im Falle, dass die Verhandlungen «in die Sackgasse» geraten. Athens Ziel sei aber der Verbleib des Landes in der Eurozone, fügte er hinzu. Auf die genaue Fragestellung eines möglichen Referendums ging er nicht ein.
Athen versucht offenbar, Geldquellen in China und Russland zu finden. Es gehe um bis zu 15 Milliarden Euro, berichteten die griechischen Wochenzeitungen «Agorá» und «Karfí» am Samstag unter Berufung auf Regierungskreise. Zehn Milliarden Euro sollen demnach aus China kommen. Peking könnte das Geld als eine Art Vorauszahlung für die Nutzung des Hafens von Piräus und einen Einstieg bei der griechischen Eisenbahn leisten, berichtete das Blatt «Karfí».
Athen hofft auf Milliarden aus China und Russland
Athen hoffe zudem auf drei bis fünf Milliarden Euro aus Russland. Dieser Betrag könnte nach einem Bericht der Zeitung «Agora» als eine Art Vorschuss für künftige Transitgebühren für die geplante Erdgas-Pipeline Turkish Stream fliessen. Russland möchte über Griechenland Energie nach Südosteuropa verkaufen.
Kremlsprecher Dmitri Peskow gab sich reserviert. Griechenland könne nicht mit Finanzhilfen aus Russland rechnen, sagte er am Samstag dem Radiosender Business FM. Bei ihrem Treffen Anfang April hätten Präsident Wladimir Putin und Regierungschef Alexis Tsipras aber durchaus über eine Zusammenarbeit im Energiebereich gesprochen. Putin hat Hunderte Millionen Euro an Transitgebühren in Aussicht gestellt, wenn sich Griechenland an der Gaspipeline Turkish Stream beteiligt.
Hilfe der Geldgeber auf Eis gelegt
Der griechische Energieminister Panagiotis Lafazanis hatte wiederholt angekündigt, eine Absichtserklärung solle noch in dieser Woche unterzeichnet werden. Von einer Vorauszahlung sprach er nicht. Die Verlängerung der russischen Pipeline nach Griechenland muss von der EU genehmigt werden und soll 2019 fertig sein. Experten griechischer Banken sagten, sie könnten sich «schwer vorstellen», wie Gelder für ein Projekt fliessen könnten, das noch gar nicht genehmigt ist.
Die internationalen Geldgeber haben die noch fälligen Hilfen aus den Hilfsprogrammen von 7,2 Milliarden Euro auf Eis gelegt. Sie sollen erst freigegeben werden, wenn Athen eine konkrete Liste von Reformen vorlegt und diese auch umsetzt.
Varoufakis trifft Obama
Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis warb am Rande des Finanzgipfels in Washington um Verständnis. Bei einer Veranstaltung im Weissen Haus traf er auch US-Präsident Barack Obama. Nach Obamas Ansicht muss Griechenland «harte Entscheidungen» treffen und sein wackliges Finanzsystem mit Reformen stabilisieren. «Sie müssen Steuern eintreiben. Sie müssen ihre Bürokratie abbauen», sagte Obama am Freitag. Den Kreditgebern müsse Athen beweisen, dass das Land beginnt, sich selbst zu helfen. (awp/mc/ps)