London – Nach der Vorlage seines Haushalts mit Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in Milliardenhöhe hat Finanzminister Jeremy Hunt die Briten auf schwere Zeiten eingestimmt. «Die nächsten zwei Jahre werden eine Herausforderung», sagte der konservative Politiker am Freitag dem Sender Sky News. Es sei «eine schwierige Zeit für alle», sagte Hunt. Aber die Massnahmen seien notwendig, um die Wirtschaft wieder auf Kurs zu bringen und die Inflation zu bekämpfen.
Hunt hatte am Vortag angekündigt, dass die Regierung die Zuschüsse zu den Energierechnungen senkt. Die Höhe der Steuerfreibeträge bleibt zwei weitere Jahre bis 2028 eingefroren, dadurch rutschen viele Menschen in höhere Steuerklassen. Zudem müssen mehr Menschen den Spitzensteuersatz von 45 Prozent bezahlen. Von 2025 an dürfen die Ministerien ihre Ausgaben nur noch um 1 Prozent pro Jahr steigern. Grossbritannien steckt in einer Rezession.
Über die Hälfte aller Haushalte schlechter gestellt
Das Finanzministerium berechnete, dass 55 Prozent der Haushalte durch die Massnahmen schlechter gestellt werden. Vor allem die Mittelschicht werde getroffen, sagte Paul Johnson, Chef der Denkfabrik Institute for Fiscal Studies. «Sie profitieren nicht von der gezielten Unterstützung von Leistungsempfängern. Ihre Löhne sinken und ihre Steuern steigen», sagte Johnson.
Folgen des Brexit
Hunt räumte indirekt ein, dass die Handelsbarrieren nach dem Brexit dem Land geschadet haben. «Ich denke, dass ungehinderter Handel mit unseren Nachbarn und Ländern auf der ganzen Welt dem Wachstum sehr zuträglich ist», sagte Hunt dem Sender BBC Radio 4. Eine Rückkehr in den EU-Binnenmarkt schloss er aus. «Ich glaube, dass wir andere Wege finden können, die diesen Vorteil mehr als ausgleichen können.» Zugleich sprach er sich für eine stärkere Zuwanderung aus, das sei wichtig für die Wirtschaft. Der Brexit hatte auch die Freizügigkeit für EU-Bürger beendet, das verstärkte den Fachkräftemangel im Land.
Die Aufsichtsbehörde OBR hatte zuvor betont, dass der Brexit dem britischen Handel enorm geschadet habe: Die Handelsintensität werde langfristig um 15 Prozent geringer ausfallen, als wenn das Vereinigte Königreich in der EU geblieben wäre, hiess es. Zwischen 2022 und 2028 müsse London zudem 18,9 Milliarden Pfund (21,7 Mrd Euro) an «Scheidungsgebühren» an Brüssel zahlen. (awp/mc/pg)