Spekulationen bestätigt: Bayer buhlt um US-Konzern Monsanto
Marijn Dekkers, Vorstandsvorsitzender Bayer AG. (Foto: Bayer)
Leverkusen – Bayer will sein Agrarchemie-Geschäft mit dem Kauf des US-Unternehmens Monsanto aufpolieren. Ein Bayer-Sprecher bestätigte am Donnerstagmorgen in Leverkusen Gespräche über ein mögliches Gebot. Zuvor hatte der US-Konzern in St. Louis mitgeteilt, dass er eine unaufgeforderte, nicht-bindende Offerte des deutschen Pharma- und Agrarchemiekonzerns erhalten habe.
Finanzielle Details nannte das US-Unternehmen, das an der Börse derzeit mit 42,4 Milliarden Dollar (37,8 Mrd Euro) bewertet wird, nicht. Bayer kommt auf eine Marktkapitalisierung von knapp 80 Milliarden Euro. Der Verwaltungsrat von Monsanto will die Offerte jetzt prüfen. Bis diese Überprüfung abgeschlossen ist, werde es keine weitere Mitteilung des Unternehmens geben, hiess es. Auch Bayer hielt sich mit Details bedeckt.
Aktie bricht um 6 Prozent ein
Die Aktien des Dax-Unternehmens fielen am Morgen um zeitweise mehr als sechs Prozent auf unter 90 Euro – das war der niedrigste Kurs seit Oktober 2013. Im Falle einer Übernahme von Monsanto droht nach Einschätzung von Marktbeobachtern eine Kapitalerhöhung. Zudem müsste Bayer sich zur Finanzierung vermutlich auch von der Tochter Covestro trennen, sagte ein Händler. Volker Braun, Analyst beim Bankhaus Lampe sieht für Bayer keinen Grund, einen überstürzten Deal mit Monsanto einzugehen. Es gebe genügend andere Übernahmemöglichkeiten in der Branche – zu besseren Preisen und einem vorteilhafterem Risikoprofil.
Gerüchteküche brodelt seit längerem
Über ein Bayer-Gebot für Monsanto war zuletzt bereits spekuliert worden. So hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg am vergangenen Donnerstag berichtet, dass Bayer eine Offerte auslotet. Der Aktienkurs des deutschen Unternehmens gab seitdem etwas mehr als drei Prozent nach. Die Monsanto-Anteile legten im Gegenzug um knapp um acht Prozent zu.
In der Chemiebranche brodelt seit langem die Gerüchteküche über die Zukunft der Unternehmen, die sich auf das Geschäft mit der Landwirtschaft spezialisiert haben. Dieses steht wegen niedrigerer Preise für Agrarrohstoffe, den Turbulenzen in den Schwellenländern und der Rezession in Brasilien seit einiger Zeit unter erheblichem Druck.
Auch BASF wurde Interesse nachgesagt
Aus diesem Grund war auch der weltgrösste Chemiekonzern BASF als möglicher Interessent für Monsanto genannt worden. Viele Experten hatten bisher eine Komplettübernahme durch einen der deutschen Konzerne für eher unwahrscheinlich gehalten. So hatte zum Beispiel Analyst John Klein von der Privatbank Berenberg zwar eine Kooperation von Monsanto mit Bayer oder BASF für möglich gehalten. Übernahmen oder Fusionen hielt er dagegen für weniger wahrscheinlich.
Das US-Unternehmen, das wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte immer wieder in der Kritik steht, will sein Saatgutgeschäft seit längerem stärken und hatte dazu selbst immer wieder eigene Übernahmen oder Partnerschaften im klassischen Pflanzenschutz ins Auge gefasst. In jüngster Zeit war Monsanto aber mehrfach mit seinen Zukaufsplänen in Europa gescheitert.
Monsanto bei Syngenta gescheitert – gesamte Branche in Bewegung
So blitzte der Konzern etwa im vergangenen Jahr beim schweizerischen Konzern Syngenta ab. Diesen will nun das chinesische Unternehmen ChemChina für 43 Milliarden US-Dollar schlucken. Nun ist Monsanto selbst zu einem Übernahmekandidaten geworden, zumal der Aktienkurs des Unternehmens seit einiger Zeit unter anderem wegen einer jüngst gekappten Gewinnprognose unter Druck steht.
In der Chemiebranche dreht sich das Fusionskarussell nicht nur beim Geschäft mit Agrarrohstoffen. So planen die US-Konzerne Dow Chemical und Dupont ihren Zusammenschluss. Sie würden damit erst einmal den Branchenprimus BASF vom Thron stossen. Allerdings wollen sich die beiden US-Konzerne nach der geplanten Fusion in drei börsennotierte Unternehmen aufspalten.
Bayer: Monsanto würde Kerngeschäft stärken
Bayer selbst hat den Schwerpunkt seines Geschäfts zuletzt vor allem auf die Pharmasparten des Unternehmens ausgerichtet. So wurde das bei der Tochter Covestro geparkte Chemiegeschäft zum Teil an die Börse gebracht. Aktuell halten die Leverkusener noch 64 Prozent – doch Bayer will sich so schnell wie möglich komplett von Covestro trennen.
Immer wieder wurde auch darüber spekuliert, ob sich Bayer von der Sparte Crop Science, in der das Geschäft mit Agrarstoffen gebündelt ist, trennen will. Doch jetzt soll der Bereich, der 2015 mit 10,4 Milliarden Euro etwas mehr als ein Fünftel zum Konzernumsatz beisteuerte, gestärkt werden. Bayer selbst sprach am Donnerstag davon, dass mit einer Monsanto-Übernahme das Kerngeschäft gestärkt werden würde.
Bayer/Monsanto käme auf ein Viertel des Branchenumsatzes
Monsanto setzte im vergangenen Jahr 15 Milliarden Dollar um und kam dabei auf einen Gewinn von 2,3 Milliarden Dollar. Einem Bericht des «Wall Street Journal» zufolge, der sich auf eine Studie von Morgan Stanley stützt, würden die beiden Unternehmen rund ein Viertel der weltweit verkauften Pflanzenschutzmittel absetzen. Für ein Zusammengehen spricht, dass Monsanto in den USA stärker aufgestellt ist, Bayer in Europa und Asien. Das könnte den Unternehmen auch bessere Karten bei den Wettbewerbshütern bescheren. (awp/mc/upd/ps)