Bayer rechnet nach starkem Wachstum mit weniger Schwung im neuen Jahr
Leverkusen – Das Wachstum des Pharma- und Agrarchemiekonzerns Bayer dürfte sich im neuen Jahr verlangsamen. Der kräftige Rückenwind durch die 2022 aussergewöhnlich hohen Preise für das Pflanzenschutzmittel Glyphosat lässt weiter nach. Hinzu kommen höhere Kosten und Preisdruck bei einigen Medikamenten. Die Dividende soll nach dem kräftigen Gewinnwachstum 2022 indes – wie von Experten erwartet – um 40 Cent auf 2,40 Euro je Aktie angehoben werden. Die Papiere gerieten am Morgen dennoch unter Druck.
Die Bayer-Aktien sanken am Vormittag um gut 3 Prozent auf 56,73 Euro. Damit fallen sie unter die Unterstützung um die 58 Euro, die sie im Februar teils deutlich hinter sich gelassen hatten. Damals hatte das Bekanntwerden des Einstiegs aktivistischer Investoren den Kurs kurzzeitig bis auf fast 66 Euro getrieben. Trotz des aktuellen Rücksetzers bleiben die Bayer-Aktien im noch jungen Börsenjahr 2023 mit einem Plus von fast einem Fünftel unter den Dax-Favoriten. Ein Treiber sind dabei Spekulationen über die künftige Konzernstruktur unter dem künftigen Bayer-Chef Bill Anderson, der das Ruder Anfang Juni von Werner Baumann übernehmen wird.
Die Unternehmensprognosen für 2023 bezeichnete Analyst Charlie Bentley vom Investmenthaus Jefferies als durchwachsen. Zwar liege der Umsatzausblick etwas über der mittleren Markterwartung, das Ziel für das bereinigte operative Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) liege aber etwas darunter.
2023: Umsatz von 51 bis 52 Milliarden Euro erwartet
Bayer kalkuliert laut einer Mitteilung vom Dienstag für das laufende Jahr um Effekte aus Wechselkursveränderungen bereinigt und damit auf Basis der monatlichen Durchschnittskurse des Jahres 2022 mit einem Umsatz von 51 bis 52 Milliarden Euro. Das bereinigte operative Ergebnis (Ebitda) soll auf dieser Basis 12,5 bis 13 Milliarden Euro erreichen. Der freie Finanzmittelzufluss soll mit drei Milliarden Euro knapp unter den 2022 erzielten 3,1 Milliarden Euro liegen.
Mit Blick auf das Agrargeschäft geht der Dax-Konzern dabei von weiterhin hohen Saatgutpreisen sowie von ebenfalls weiter steigenden Preisen für agrochemische Produkte aus, während die Preise für den Unkrautvernichter Glyphosat sinken dürften. So waren die Glyphosat-Preise 2022 über weite Strecken ungewöhnlich hoch. Energie- und Frachtkosten, Corona-Einschränkungen in China sowie strengere Umweltauflagen in China für die Produktion von Rohstoffen für das Mittel waren die Treiber. Bereits ab dem dritten Quartal gab es aber eine Trendumkehr.
Pharma-Geschäft dürfte stagnieren
Das Pharma-Geschäft dürfte demnach 2023 kaum wachsen. So standen bereits 2022 die Erlöse mit dem Kassenschlager Xarelto unter Druck. Mit 4,5 Milliarden Euro war der Blutgerinnungshemmer aber weiterhin das mit Abstand umsatzstärkste Medikament, gefolgt vom Augenmedikament Eylea, dessen Erlöse hingegen um rund zehn Prozent auf 3,2 Milliarden Euro wuchsen.
Schwung verspricht sich Bayer-Pharma-Chef Stefan Oelrich 2023 von noch jungen Medikamenten wie dem Prostatakrebsmittel Nubeqa sowie von Kerendia für Nierenpatienten mit Diabetes. Beide haben ordentliche Marktstarts hingelegt, das mittelfristige Ziel ist ein jährlicher Spitzenumsatz von jeweils mehr als drei Milliarden Euro. Das dürfte aber noch dauern. Immerhin: Der Nubeqa-Umsatz war 2022 mit 466 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie im Jahr zuvor. Kerendia spielt noch nicht in dieser Grössenordnung. Genaue Umsatzzahlen gibt es aber nicht, da Bayer diese nur für die Top-15-Medikamente ausweist.
Im Jahr 2022 steigerte Bayer den Umsatz um gut 15 Prozent auf 50,7 Milliarden Euro und das bereinigte operative Ergebnis um mehr als ein Fünftel auf 13,5 Milliarden Euro. Beide Werte liegen auf dem Niveau der Markterwartungen. Unter dem Strich stieg das Ergebnis mit 4,15 Milliarden Euro auf das Vierfache. (awp/mc/ps)