Leverkusen – Bewegung im Mega-Übernahme-Poker: Bayer hat sein Übernahmeangebot für den umstrittenen US-Agrarchemie Monsanto erneut leicht aufgestockt. Statt 125 US-Dollar will der Dax-Konzern nun 127,50 Dollar pro Anteilschein in bar zahlen, wie das Leverkusener Unternehmen in der Nacht zum Dienstag mitteilte. Sollte es zu einem Zusammenschluss kommen, würde der deutsche Pharmakonzern zur weltweiten Nummer eins im Agrarchemiegeschäft aufsteigen. Es wäre mit rund 65 Milliarden Dollar (58 Mrd Euro) auch die bislang grösste Übernahme durch einen deutschen Konzern überhaupt.
Bayer wäre nach eigenen Angaben nur «unter der Voraussetzung einer einvernehmlichen Übernahme bereit», den erhöhten Aktienpreis zu zahlen. Ein Vertragsabschluss der beiden Parteien, die in «fortgeschrittenen Verhandlungen» über die geplante Übernahme stünden, sei nicht gewährleistet. Die exakten Konditionen stünden noch nicht fest. «Die genauen Bedingungen einer endgültigen Transaktionsvereinbarung müssen vom Aufsichtsrat der Bayer AG genehmigt werden», hiess es. Die Aussagen deuten darauf hin, dass der Konzern weiterhin sehr diszipliniert vorgehen will und der Spielraum beim Preis nach oben begrenzt sein dürfte.
Monsanto prüft Offerte und andere Optionen
Der Markt ist noch nicht wirklich von einem Gelingen der Übernahme überzeugt. Monsanto-Aktien legten am Dienstag zwar im frühen New Yorker Handel um 0,71 Prozent zu. Sie liegen aber weiter deutlich unter dem Gebotspreis. Bayer-Aktien gewannen in Frankfurt am frühen Nachmittag 2,27 Prozent. Analyst Daniel Wendorff von der Commerzbank sieht es als Ziel des Bayer-Managements, den Deal letztlich mit 130 Dollar je Aktie unter Dach und Fach zu bringen. Das Risiko eines zu hohen Preises wäre damit begrenzt. Aus Sicht von DZ-Bank-Experte Peter Spengler dürfte das aktuelle Gebot das letzte im Rahmen einer freundlichen Übernahme sein. Schlage Monsanto dies erneut aus, könnte das Bayer-Management den Aufsichtsrat um grünes Licht für eine feindliche Übernahme bitten.
Bayer-Chef Werner Baumann hatte unmittelbar nach seinem Amtsantritt im Mai überraschend bekanntgegeben, Monsanto übernehmen zu wollen. Nach der letzten Aufbesserung des Angebots Mitte Juli stand der Übernahmepreis bei 64 Milliarden Dollar. Die beiden bisherigen Offerten hatte das Monsanto-Management um Vorstandschef Hugh Grant als zu niedrig eingestuft. Monsanto prüfe nun die neue Gesamtofferte in Höhe von rund 64,8 Milliarden Dollar (58 Mrd Euro), wie auch Vorschläge anderer Parteien und weitere strategische Alternativen.
Deal von Anfang an umstritten
Über die neuerliche Aufstockung hatte zuerst die in Düsseldorf erscheinende «Rheinische Post» (Dienstagausgabe) berichtet. Dem Bericht zufolge könnte Bayer sein Gebot auf bis zu 130 Dollar erhöhen. Um die Übernahme zügig und freundlich zu Ende zu bringen, sei möglicherweise auch dieser Preis nötig, schrieb die Zeitung unter Berufung auf Kreise aus dem Bayer-Konzern. Für eine derartige Erhöhung brauche der Vorstand grünes Licht vom Aufsichtsrat. Grundsätzlich seien die Kontrolleure aber nicht abgeneigt.
Gemeinsam mit Monsanto würde sich Bayer als integrierter Anbieter an die Weltspitze katapultieren. Dennoch war der Deal von Anfang an umstritten. Denn Monsanto steht in Europa seit Jahren wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik. Dem US-Konzern wird zudem ruppiges Verhalten im Umgang mit seinen Kunden vorgeworfen. Ausserdem vertreibt Monsanto den Unkrautvernichter Glyphosat. Dieser steht im Verdacht, krebserregend zu sein.
Auch die Konkurrenz ist aktiv
Zugleich hätte ein Zusammenschluss nicht nur aus Sicht von Bayer strategische Vorzüge, auch Monsanto erkennt darin Vorteile. Die Leverkusener äusserten sich bislang überzeugt, dass der Zusammenschluss nicht an den Kartellbehörden scheitern werde, da sich beide Unternehmen bei Produkten und geografischer Präsenz ergänzten.
Die Konkurrenz ist ebenfalls umtriebig. So hatten zuletzt die US-Behörden für die geplante Milliarden-Übernahme des schweizerischen Agrarchemie-Konzerns Syngenta durch das chinesische Staatsunternehmen ChemChina grünes Licht gegeben. Die US-Regulierungsbehörde Committee on Foreign Investment (CFIUS) stimmte dem 43-Milliarden-Dollar-Deal Mitte August zu. Monsanto dürfte sich damit endgültig geschlagen geben, nachdem der US-Konzern mit seiner Kauf-Offerte bei Syngenta zuvor abgeblitzt war.
Im Dezember hatten Dow Chemical und Dupont verkündet, über einen Zusammenschluss zu verhandeln. Nach der Fusion der US-Konzerne soll der neue Gigant dann in drei einzelne und jeweils börsennotierte Unternehmen für Spezialchemikalien, Kunststoffe und Agrarchemikalien aufgespalten werden. So entsteht ein neuer starker Player auch im Agrarchemiegeschäft. Das globale Geschäft rund um Saatgut und Pflanzenschutzmittel steht also vor gewaltigen Umwälzungen. (awp/mc/upd/pg)