Spekulation über Glyphosat-Vergleich von Bayer
Leverkusen – Der wegen Tausender Glyphosat-Klagen unter Beschuss stehende Bayer-Konzern strebt laut Insidern einen Vergleich in den USA an. Der Agrarchemie- und Pharmakonzern schlage eine Zahlung von bis zu 8 Milliarden Dollar vor, um die Klagen der zuletzt 18’400 Kläger beizulegen, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Freitag unter Berufung auf eine mit den Verhandlungen vertraute Person berichtet.
Ein Bayer-Sprecher wollte dies auf Anfrage nicht kommentieren. Der oberste Vermittler im Glyphosat-Streit dementierte die Angaben jedoch. «Bayer hat nicht vorgeschlagen, acht Milliarden Dollar zu zahlen, um alle US-Roundup-Krebs-Klagen bei zulegen», sagte US-Anwalt Kenneth Feinberg dem Handelsblatt.
Wenngleich eine Lösung der Causa Glyphosat noch Monate dauern könnte, wäre es ein Befreiungsschlag für den Dax-Konzern. Die von Bloomberg genannten 8 Milliarden Dollar wären deutlich weniger als viele Analysten, die ohnehin mit einem Vergleich rechnen, zuletzt auf dem Zettel hatten.
Nach verlorenen Verfahren unter Druck
In den vergangenen Tagen hatten Investoren bereits die Vertagung eines für August angesetzten Glyphosat-Prozesses als Hinweis auf fortschreitende Vergleichsverhandlungen interpretiert. Der Druck auf Konzernchef Werner Baumann war in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, weil Bayer bereits drei Verfahren um Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter mit Schadensersatzforderungen im jeweils mittleren bis hohen zweistelligen Millionen-Dollar-Bereich verloren hatte. Trotz der jüngsten Aktienkurserholung notieren die Papiere immer noch rund 28 Prozent tiefer als vor der ersten Prozessschlappe wegen Glyphosat vor einem Jahr.
Bayer fährt bisher offiziell zwar eine harte Linie und will vor Berufungsgerichte ziehen. Konzernchef Baumann hatte zuletzt abermals gesagt, dass ein Vergleich durchaus in Frage käme, wenn er wirtschaftlich Sinn machen würde.
Verhandlungen hinter verschlossenen Türen
Inwieweit die Hoffnung auf eine Einigung in den nächsten Monaten nun dahin ist, bleibt offen. Denn: bis zu einer wirklichen Einigung zwischen Bayer und den Klägern dürfte im Grunde alles hinter verschlossenen Türen besprochen werden mit entsprechenden Verschwiegenheits-Vereinbarungen. Hinzu kommt, dass Feinberg als einer der bekanntester US-Experten in Entschädigungsfragen ein Profi ist. Er war unter anderem für Kompensationen nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko zuständig sowie im VW-Abgasskandal in den USA aktiv.
Fortschritte bei Konzernumbau
Sollte Bayer sich in den kommenden Monaten tatsächlich auf einen Vergleich einigen, wäre die mit Abstand grösste Baustelle des Konzern erst einmal bereinigt. Beim Konzernumbau gab es zuletzt schon Fortschritte: Es fanden sich Käufer für die schwächelnde US-Fusspflegemarke Dr. Scholl’s und die Sonnenschutzmarke Coppertone. Zudem wurde die Beteiligung am Chemieparkbetreiber Currenta für mehr Geld losgeschlagen als gemeinhin erwartet.
Und auch für das Geschäft mit Tiergesundheit scheint eine Lösung unmittelbar bevor zu stehen. Es könnte laut Bloomberg für mehrere Milliarden an den US-Konkurrenten Elanco gehen, an dem Bayer im Gegenzug eine Minderheitsbeteiligung erhalten könnte. Bereits in der kommenden Woche könnte der Deal angekündigt werden, hiess es unlängst. (awp/mc/pg)