Druck auf Silvio Berlusconi steigt.
Rom – Einigung in letzter Minute: Die italienische Regierungskoalition unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sich nach Angaben von Umberto Bossi von der Lega Nord vorläufig auf Vorschläge für Wirtschaftsreformen verständigt.
Der Juniorpartner Lega Nord sei aber weiterhin gegen die von Berlusconi angestrebte Erhöhung des Rentenalters auf 67 Jahre, sagte Bossi am Dienstag. Die Regierung sei damit weiter gefährdet, «letztlich haben wir aber einen Weg gefunden, wir müssen sehen, was Europa dazu sagt», erklärte Bossi nach langen Verhandlungen in Rom. Wie die Vorschläge konkret aussehen, war zunächst unklar.
EU will heute schriftliche Zusagen
Berlusconi ringt unter massivem Reformdruck aus Brüssel um seine politische Zukunft. Die EU will auf dem Sondergipfel an diesem Mittwoch von ihm schriftliche Zusagen für eine Sanierung der maroden Staatsfinanzen Italiens sehen. Doch bislang scheitern Berlusconis Bemühungen um eine dafür nötige Rentenreform am erbitterten Widerstand der Lega Nord, die bereits Neuwahlen ins Spiel bringt.
Der Abgeordnete Silvano Moffa von der Regierungsmehrheit erklärte nach den heissen Debatten, die Lega zeige eine «Bereitschaft zum Nachdenken». Agrarminister Francesco Saverino Romano meinte, Berlusconis Brief an die EU werde «überzeugend» sein, wie italienische Medien berichteten. Der Regierungschef werde an dem Gipfel teilnehmen, erklärte sein Sprecher Paolo Bonaiuti.
Merkel und Sarkozy setzen Berlusconi unter Druck
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatten dem 75-Jährigen unmissverständlich klar gemacht, dass Italien bis zum Gipfel klare Perspektiven für Wachstum und Sanierung aufzeigen müsse. Berlusconi wies die Schelte zurück – niemand innerhalb der EU könne den Partnern Lektionen erteilen.
Spekulationen um Ende der Koalition
Politische Beobachter gehen bereits seit längerem davon aus, dass der von Affären und Prozessen geschwächte Berlusconi am ehesten dadurch scheitern könnte, dass die Lega Nord die Regierungskoalition aufkündigt. Sie hatte bereits 1994 eine Regierung Berlusconi platzen lassen und drohte nun wiederholt damit.
Italienische Medien vermuten, dass es bei einem Scheitern Berlusconis zu einer Übergangsregierung unter seinem Vertrauten Gianni Letta oder unter Senatspräsident Renato Schifani kommen könnte, womöglich mit der Zentrumspartei Udc. Doch dagegen ist Bossi auch. (awp/mc/pg)