Bewegungsfreiheit in weiteren Städten in China massiv eingeschränkt

Bewegungsfreiheit in weiteren Städten in China massiv eingeschränkt

Peking – Wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus haben die chinesischen Behörden in drei weiteren Grossstädten ausserhalb der Provinz Hubei die Bewegungsfreiheit von rund zwölf Millionen Menschen massiv eingeschränkt.

Die Massnahmen betreffen nach Behördenangaben die gesamte Stadt Taizhou sowie Teile von Hangzhou, wo sich der Sitz des chinesischen Internetriesen Alibaba befindet, und mehrere Bezirke von Ningbo.

Taizhou ist 150 Kilometer von der Wirtschaftsmetropole Shanghai und 850 Kilometer vom Zentrum der Coronavirus-Epidemie in der Provinz Hubei entfernt. In der Stadt darf vorerst nur noch ein Bewohner pro Haushalt jeden zweiten Tag für Einkäufe das Haus verlassen. Die gleiche Regelung gilt für die betroffenen Viertel von Hangzhou und Ningbo.

Die Behörden in Taizhou setzten zudem ab Dienstag 95 Zugverbindungen aus. In Taizhou dürfen Bewohner von Wohnkomplexen nach Regierungsangaben nur durch einen bestimmten Eingang in die Gebäude gelangen und müssen ihren Ausweis vorzeigen, wenn sie nach draussen gehen oder zurückkehren wollen.

In Hangzhou wurde das Tragen von Atemschutzmasken angeordnet. Auch Ausweise und die Körpertemperatur der Bewohner sollen überprüft werden.

Am Sonntag war bereits die Bewegungsfreiheit der Bewohner der Neun-Millionen-Einwohner-Metropole Wenzhou an der Ostküste Chinas massiv eingeschränkt worden. Auch in die Provinz Hubei stehen Millionen Menschen de facto unter Quarantäne.

Erneuter Rekordanstieg
Über Nacht stieg die Zahl der bestätigten Infektionen und Todesfälle durch das Coronavirus in China erneut sprunghaft. Wie die chinesische Gesundheitsbehörde mitteilte, gab es bis Dienstag 20’438 bestätigte Erkrankungen – 3225 neue Fälle im Vergleich zum Vortag.

Die Zahl der Todesopfer stieg demnach um 64 auf 425. Es war erneut der bisher stärkste Anstieg der Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus und der Todesfälle innerhalb eines Tages.

In Hongkong gab es den zweiten Toten ausserhalb Festland-Chinas. Die Gesundheitsbehörde bestätigte den Tod eines 39-Jährigen. Wie die «South China Morning Post» berichtete, hatte der Mann die schwer vom Virus betroffene Stadt Wuhan in Zentralchina besucht. Zuvor war auch ein Patient auf den Philippinen gestorben. Weltweit sind rund 200 Infektionen in rund zwei Dutzend Ländern bestätigt.

Die Sterblichkeitsrate der Lungenkrankheit in China liegt im Schnitt bei 2,1 Prozent. Das bedeutet, dass rund jeder 50. nachweislich Erkrankte an dem Virus stirbt. In der schwer betroffenen Metropole Wuhan erreicht die Mortalität allerdings 4,9 Prozent, wie Jiao Yahui von der Gesundheitskommission berichtete. In der gesamten Provinz Hubei, dessen Hauptstadt Wuhan ist, sind es demnach 3,1 Prozent.

Macao schliesst Casinos
Mehrere Länder wie Taiwan, die USA, Australien oder Neuseeland haben inzwischen Einreisebeschränkungen für Chinesen oder Ausländer erlassen, die aus China kommen. Auch haben mehrere Staaten ihre Bürger mit Sonderflugzeugen aus der weitgehend abgeschotteten Stadt Wuhan zurückgeholt.

In Belgien gibt es den ersten Fall einer Infektion. Der Patient war am Sonntag von China nach Belgien zurückkehrt und wird in einem Brüsseler Universitätsspital behandelt. Nachgewiesene Fälle gibt es laut WHO auch in Spanien, Italien, Grossbritannien, Frankreich, Schweden und Finnland.

Wegen des Virus schliesst das Glücksspiel-Eldorado Macao seine Casinos für einen halben Monat. Der Regierungschef der chinesischen Sonderverwaltungsregion, Ho lat Seng, ordnete die Schliessung an, nachdem neun der zehn Virus-Fälle in Macao in der Glücksspielindustrie festgestellt worden waren. Damit verliert Macao seine wichtigste Einnahmequelle. Die Umsätze in der ehemaligen portugiesischen Enklave sind grösser als in Las Vegas.

Chinas Führung räumt Defizite ein
Chinas Führung räumte unterdessen «Unzulänglichkeiten und Defizite» in der Reaktion auf den Ausbruch der neuartigen Lungenkrankheit ein. Nach einem Treffen unter Vorsitz von Staats- und Parteichef Xi Jinping liess das Politbüro nach Angaben des Staatsfernsehens vom Dienstag mitteilen: «Wir müssen die Erfahrungen zusammenfassen und Lehren daraus ziehen.»

Das nationale Krisenmanagement müsse verbessert werden. Das Gesundheitssystem solle auf den Prüfstand kommen – und «Mängel» müssten beseitigt werden. Xi Jinping auf dem Treffen des Politbüros «rasche und entschlossene» Massnahmen, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Er rief zu einer «strikten Durchsetzung» von Anordnungen und Verboten auf.

Im Kampf gegen die Epidemie gehe es nicht nur um Leben und Gesundheit der Menschen, sondern auch um die wirtschaftliche und soziale Stabilität. Die Versorgung mit medizinischem Schutzmaterial müsse gesichert und die Infektions- und Sterblichkeitsrate gesenkt werden, wurde auf dem Parteitreffen weiter betont.

Parteikomitees und Regierungen auf allen Ebenen wurden aufgerufen, die Epidemie unter Kontrolle zu bringen, aber auch «die Ziele der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung» in diesem Jahr zu erreichen. Der Ausbruch sei ein «wichtiger Test für Chinas System und die Fähigkeit zur Regierungsführung». (awp/mc/ps)

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