Greenville/Augusta/Raleigh – US-Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris haben sich nach dem verheerenden Sturm «Helene» mit vielen Toten persönlich ein Bild von der Lage in den Katastrophengebieten verschafft. Biden besuchte zunächst Greenville im Bundesstaat North Carolina und reiste danach in die Stadt Raleigh in South Carolina weiter. «Ich habe den Westen North Carolinas aus der Luft besichtigt», sagte Biden bei einem Treffen mit den örtlichen Notfallbehörden und versprach erneut umfassende Hilfe. «Mein Herz schlägt für alle, die diesen unvorstellbaren Verlust erlitten haben. Wir lassen Euch nicht im Stich.»
Bereits zuvor hatte der Präsident angekündigt, bis zu 1000 Soldaten zu mobilisieren, um bei der Verteilung von Lebensmitteln, Wasser und anderen dringend benötigten Gütern zu helfen.
Seine Stellvertreterin Harris war zur selben Zeit im Bundesstaat Georgia unterwegs. Dort dankte sie den Rettungskräften, die mitunter trotz eigener Verluste völlig Fremden zu Hilfe geeilt seien. «Das ist eines der schönen Dinge in diesem Land: Dass Menschen in solchen Notsituationen wirklich zusammenhalten», sagte Harris in der Stadt Augusta. «Das unterstreicht wirklich die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit von uns so viel mehr gemeinsam hat als das, was uns trennt.»
Extremwetter wird zum Wahlkampfthema
Bei der Aussage handelte es sich wohl auch um einen indirekten Seitenhieb an ihren Kontrahenten Donald Trump. Die Demokratin tritt bei der Präsidentschaftswahl am 5. November gegen den Republikaner an. Der Sturm und seine Folgen könnten kurz vor der Wahl zum Politikum werden. Ähnlich wie Hurrikan «Katrina» im Jahr 2005, der die damalige Regierung unter Republikaner George W. Bush unter Druck setzte, steht auch die aktuelle Administration unter kritischer Beobachtung bezüglich ihres Krisenmanagements. Trump versucht bereits, die Katastrophe für seinen Wahlkampf zu nutzen.
Biden sagte während seines Besuchs in North Carolina, in so einem Moment müsse Politik beiseitegelassen werden. «Es gibt keine Demokraten oder Republikaner, nur Amerikaner», mahnte der Präsident.
Viele Tote und verheerende Zerstörung
«Helene» war als Hurrikan der zweithöchsten Kategorie am Donnerstagabend im Nordwesten Floridas auf Land getroffen, schwächte sich dann etwas ab und zog weiter nach Norden. Der Sturm hinterliess in sechs Bundesstaaten immense Verwüstungen. Heute reist Biden in die betroffenen Gebieten in Florida und Georgia. Auch Harris plant für die kommenden Tage weitere Besuche in den vom Sturm verwüsteten Regionen.
Nach Zählungen des US-Senders CNN kamen mindestens 189 Menschen ums Leben, Hunderte werden weiterhin vermisst. Laut Behörden ereigneten sich die meisten Todesfälle durch umgestürzte Bäume. US-Medien berichten, dass «Helene» zu den tödlichsten Stürmen der vergangenen Jahrzehnte gehört; seit 1950 haben demnach nur acht Stürme auf dem US-Festland mehr als 100 Menschenleben gefordert.
Maultiere im Einsatz
Noch am Mittwochmittag (Ortszeit) waren mehr als eine Million Haushalte im Katastrophengebiet ohne Elektrizität. Besonders in North und South Carolina wurden grosse Teile des Stromnetzes zerstört. Strassen sind vielerorts unpassierbar, was die Lieferung dringend benötigter Hilfsgüter erschwert. In schwer zugänglichen Gebieten kommen sogar Maultiere zum Einsatz, um Vorräte zu transportieren, wie US-Medien berichteten.
Da viele Menschen keinen Handy-Empfang haben, hinterlassen Such- und Rettungsteams handgeschriebene Anweisungen. Überlebende schreiben ihre Namen teils auf Plastikplanen, die dann online geteilt werden, um ihre Angehörigen zu informieren. Der Satelliten-Internetdienst Starlink kündigte an, betroffenen Regionen 30 Tage lang kostenloses Netz bereitzustellen.
Wissenschaftler warnen: Klimawandel als Ursache
Wissenschaftler machen den Klimawandel, hauptsächlich verursacht durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, für die Zunahme von Extremwetterereignissen wie «Helene» verantwortlich. Die steigenden Temperaturen in den Ozeanen tragen zur Intensivierung von Hurrikanen bei, indem sie mehr Energie und Feuchtigkeit in die Stürme einspeisen. Zusätzlich führt der steigende Meeresspiegel zu stärkeren Sturmfluten. (awp/mc/pg)