Boeing-Konzernchef Dennis Muilenburg. (Foto: Boeing)
Peking / Everett – Der US-Flugzeugbauer Boeing baut zusammen mit einem Partner vor Ort ein Werk in China auf. Der Vertrag mit dem chinesischen Flugzeugbauer Comac wurde während des Besuchs von Chinas Staatspräsident Xi Jinping in den USA unterzeichnet, wie Boeing am Mittwoch bestätigte. Zugleich haben die Chinesen bei den Amerikanern auf einen Schlag Hunderte Flugzeuge bestellt. Xi wurde am Mittwoch im Boeing-Werk in Everett (US-Bundesstaat Washington) empfangen.
Boeing will in dem Werk in China Mittelstreckenjets der Modellreihe 737 ausstatten lassen. Dabei handelt es sich um die weltweit am stärksten gefragte Flugzeugklasse. Boeing will die neue Fabrik auch als Auslieferungszentrum betreiben. «Wir bringen die 737 näher an unsere chinesischen Kunden», sagte Ray Conner, Chef der Boeing-Verkehrsflugzeugsparte. Das Gemeinschaftsprojekt werde die Verbindung zu Chinas Luftfahrtindustrie deutlich verstärken.
Auftrag über 38 Milliarden Dollar
Boeing sicherte sich bereits einen milliardenschweren Grossauftrag der China Aviation Supplies Holding Company (CASC). Der Flugzeugbauer meldete eine grundsätzliche Einigung über die Bestellung von 300 Fliegern. Das Paket habe insgesamt einen Wert von 38 Milliarden Dollar (knapp 34 Mrd Euro). Dabei handelt es sich allerdings um die Listenpreise, bei Geschäften in dieser Grössenordnung sind in der Branche deutliche Preisnachlässe üblich. 240 der georderten Maschinen, 190 Boeing 737 und 50 Grossraumflieger, sollen an chinesische Fluggesellschaften gehen. Weitere 60 Boeing 737-Jets sind für die Leasingfirmen ICBC und CDB bestimmt.
Boeing ist mit seinem Werk in China relativ spät dran: Der europäische Flugzeugbauer Airbus betreibt in der chinesischen Hafenstadt Tianjin schon seit dem Jahr 2008 eine Endmontagelinie für sein Konkurrenzmodell A320. Monatlich verlassen vier neue Flugzeuge das chinesische Airbus-Werk. Die Flugzeugbauer weiten die Fertigung der Mittelstreckenjets derzeit generell kräftig aus, um der Auftragsflut Herr zu werden.
Bei der neuen Fertigung setzt Boeing auf eine Zusammenarbeit mit dem Comac-Konzern, der mit dem Typ C919 selbst an einem Konkurrenzmodell für die Boeing 737 arbeitet. Die Unternehmen arbeiten noch mit der chinesischen Regierung an den letzten Details. Der Ort für das Werk und der weiteren Fahrplan sollen zu einem späteren Zeitpunkt verkündet werden. Boeing will seine monatliche 737-Produktion mit Hilfe der neuen Fertigungsstätte bis 2018 von derzeit 42 auf 52 Flugzeuge ausbauen.
Boeing: US-Arbeitsplätze nicht in Gefahr
Boeing-Manager Conner versicherte, dass Arbeitsplätze bei dem Hersteller im US-Bundesstaat Washington seien durch die Partnerschaft mit den Chinesen nicht in Gefahr.
Für Boeing wäre das genannte Ausstattungswerk in China die bisher grösste Expansion ausserhalb der USA. Airbus ist da nicht nur in diesem Land schon weiter. Erst vor wenigen Tagen eröffnete der Flugzeugbauer aus Toulouse sein erstes Werk in den Vereinigten Staaten. Die in der Endfertigung in Mobile (Alabama) zusammengebauten Jets sind vor allem für die dortigen Fluggesellschaften gedacht. Diese sollen das Gefühl bekommen, einen amerikanischen Flieger zu kaufen. Damit will Airbus Boeing Kunden abjagen.
Auch auf dem stark wachsenden chinesischen Luftfahrtmarkt ringen beide Unternehmen um Aufträge. China dürfte Boeing zufolge in 20 Jahren der weltgrösste Luftfahrtmarkt sein. Bis zum Jahr 2034 würden dort 6330 neue Flugzeuge benötigt, hiess es in der jüngsten Prognose. Eine Fertigung im Land soll für die dortigen Fluglinien ein Argument sein, sich für ein Flugzeug eines der westlichen Hersteller zu entscheiden. (awp/mc/upd/ps)