Boeing leidet unter Spätfolgen der Krise
Boeing-CEO James McNerney.
Chiocago – Die Zurückhaltung der Fluggesellschaften während der Wirtschaftskrise macht dem US-Flugzeugbauer Boeing bis heute zu schaffen. Weil viele Airlines auf Neubestellungen verzichtet hatten oder vorhandene Order stornierten, schrumpfte im ersten Quartal 2011 der Konzernumsatz um 2 Prozent auf 14,9 Milliarden Dollar. Die Zahl der ausgelieferten Maschinen sank von 108 im Vorjahreszeitraum auf nun 104.
Boeing litt allerdings auch unter hausgemachten Problemen. Mehrfach musste der Airbus-Erzrivale wegen technischer Hindernisse die Auslieferung der mittelgrossen Langstreckenmaschine 787 «Dreamliner» und des modernisierten Jumbo-Jets 747-8 verschieben. Die Flugzeuge sollen nun endlich in diesem Jahr kommen. Derzeit laufen die letzten Testflüge. Die Tests machten deutliche Fortschritte, sagte Konzernchef Jim McNerney am Mittwoch. «Wir sind gut gestartet in ein Jahr, das wichtig ist für unser Unternehmen», versicherte McNerney am Firmensitz in Chicago. In der Tat legten die Order wieder zu. Alleine im ersten Quartal kamen Aufträge über 23 Milliarden Dollar herein, womit nun Bestellungen von Flugzeugen, Rüstungsgütern und Raumfahrttechnik für 329 Milliarden Dollar in den Büchern stehen. Viele der Aufträge haben aber – wie in der Branche üblich – einen Vorlauf von mehreren Jahren.
CEO erwartet 2011 bis zu 15% weniger Gewinn
Im ersten Quartal konnte Boeing seinen Gewinn nur dank einer geringeren Steuerlast um 13 Prozent auf unterm Strich 586 Millionen Dollar verbessern. Im Gesamtjahr erwartet Konzernchef McNerney aber weiterhin bis zu 15 Prozent weniger Gewinn. Neben den Kosten für die neuen Modelle schlagen auch höhere Ausgaben für Pensionen negativ zu Buche. Dagegen rechnet McNerney dank der neuen Aufträge mit einem steigenden Umsatz. Im Gesamtjahr sollen 485 bis 500 Maschinen die Werkshallen verlassen.
Notlandung mit Loch im Dach
Verkaufsschlager ist und bleibt die 737-Baureihe. Die Kurz- und Mittelstreckenflieger sind vergleichsweise günstig und gelten als technisch ausgereift. Gegenstück bei Airbus ist die A320-Familie. Allerdings hat ein Unfall das Vertrauen in die Boeing-Maschinen getrübt. Der Konzern diskutiert derzeit, ob die Baureihe erneut modernisiert oder durch einen Nachfolger ersetzt wird. Am 1. April hatte eine 15 Jahre alte Boeing 737-300 des US-Billigfliegers Southwest notlanden müssen, nachdem sich mit einem lauten Knall ein Loch im Dach aufgetan hatte. Wie durch ein Wunder wurde keiner der 123 Insassen ernsthaft verletzt. Southwest kontrollierte daraufhin alle ähnlichen Maschinen und stellte bei insgesamt fünf betagteren 737-Jets winzige Risse in der Aussenhülle fest. Erste Untersuchungsergebnisse staatlicher Stellen deuten auf Schlampereien bei der Produktion hin.
EADS drängt ins Geschäft mit US-Armee
Als stabiler Anker erwies sich im ersten Quartal abermals das Geschäft mit Rüstung und Weltraumtechnik. Die Sparte konnte ihren Umsatz auf Höhe des Vorjahreszeitraums halten. Boeing stellt unter anderem Kampfjets und unbemannte Drohnen her. Auf lange Sicht drohen allerdings auch hier Einschnitte, weil das US-Militär und die Raumfahrtbehörde NASA sparen müssen. Auf allen Feldern konkurriert Boeing mit dem europäischen Konkurrenten EADS , dem Mutterkonzern von Airbus. EADS drängt mit aller Macht ins Geschäft mit der US-Armee, das bislang weitgehend den US-Unternehmen vorbehalten ist. Zuletzt musste EADS aber einen herben Rückschlag verkraften: Der «Jahrhundert-Auftrag» für neue Tankflugzeuge ging nach jahrelangem Hickhack an Boeing. (awp/mc/upd/ss)