Boeing-Steuerungssystem MCAS schon 2018 im Visier von Behörden

Boeing-Steuerungssystem MCAS schon 2018 im Visier von Behörden
Boeing 737 MAX: Erstflug vom 13. April 2017 in Seattle. (Foto: Boeing)

New York – Das Stabilisierungssystem MCAS der Boeing 737 MAX, das zwei Flugzeugabstürze verursacht haben soll, ist bereits im vergangenen Jahr ins Visier der US-Flugaufsicht FAA geraten. Inspektoren erwogen 2018, einen Flugstopp für Maschinen dieses Typs anzuordnen.

Dies berichten informierte Kreise am Sonntag (Ortszeit). Grund war, dass Boeing ein Warnsystem für Fehlfunktionen des MCAS deaktiviert hatte – offenbar, ohne eine Fluggesellschaft darüber in Kenntnis zu setzen.

Nach zwei Abstürzen von Maschinen vom Typ Boeing 737 MAX binnen weniger als fünf Monaten war im März ein weltweites Flugverbot für diese Flugzeuge verhängt worden. Zunächst stürzte im Oktober 2018 eine solche Boeing vor der indonesischen Insel Java ab. Alle 189 Insassen starben.

Flugzeugnase nach unten
Im März verunglückte dann eine Maschine der Fluggesellschaft Ethiopian Airlines in Äthiopien. Alle 157 Menschen an Bord kamen ums Leben. In beiden Fällen steht das speziell für die Boeing 737 MAX entwickelte Stabilisierungssystem MCAS (Maneuvering Characteristics Augmentation System) im Verdacht, eine verheerende Rolle gespielt zu haben. Es drückt bei einem drohenden Strömungsabriss die Nase des Flugzeugs automatisch nach unten, auch wenn die Piloten gegensteuern.

Dass sich die FAA bereits im vergangenen Jahr mit dem MCAS befasste, berichtete nun zunächst das «Wall Street Journal». FAA-Inspektoren, die mit der Aufsicht der US-Fluggesellschaft Southwest Airlines beauftragt waren, erfuhren, dass ein Warnsystem für Fehlfunktionen des MCAS bei den Maschinen der Airline deaktiviert war. Dies wurde erst nach dem Unglück der Lion-Air-Maschine in Indonesien bekannt.

Widersprüchliche Angaben
Eine Southwest-Sprecherin erklärte, vor dem Lion-Air-Unglück habe Boeing es so dargestellt, als sei das Warnsignal für eine MCAS-Fehlfunktion bei allen Boeing MAX aktiviert. Nach dem Absturz in Indonesien habe Boeing die Fluggesellschaft dann aber darüber informiert, dass das Warnsystem grundsätzlich nicht aktiviert sei. Eine Aktivierung, so stellte sich heraus, war eine kostenpflichtige Zusatzoption.

Die Fluggesellschaft – zu diesem Zeitpunkt mit 34 Maschinen der grösste Boeing-MAX-Kunde – entschied sich, diese Option für alle ihre Maschinen in Anspruch zu nehmen. Als die Luftfahrtaufsicht FAA dies erfuhr, prüfte sie, ob Piloten zusätzliches Training benötigten und die Maschinen so lange am Boden bleiben müssten. Die Inspektoren entschieden sich aber letztlich dagegen. Die Informationen wurden nicht an die Leitungsebene der Behörde weitergegeben.

Am Sonntag erklärte Boeing, künftig werde bei allen Boeing 737 MAX das Warnsystem kostenlos zur Verfügung stehen.

Das Warnsystem macht darauf aufmerksam, falls zwei sogenannte AOA-Sensoren, die Daten zum Anstiegswinkel der Maschine liefern, widersprüchliche Angaben an das MCAS liefern. Beim Absturz der Lion-Air-Maschine soll genau das der Fall gewesen sein. Ermittler gehen davon aus, dass das MCAS die Flugzeugnase deswegen irrtümlich nach unten drückte – während die Piloten verzweifelt versuchten, die Maschine hochzuziehen. (awp/mc/ps)

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