Boeing verliert nach 737-Max-Abstürzen Milliardenauftrag
Jakarta – Wegen der Abstürze von zwei Passagierflugzeugen mit mehr als 340 Toten hat der US-Konzern Boeing einen Auftrag in Milliardenhöhe verloren. Indonesiens staatliche Fluggesellschaft Garuda machte eine Bestellung über 49 Maschinen des Typs Boeing 737 Max rückgängig. Die Fluglinie begründete dies am Freitag ausdrücklich damit, dass ihre Passagiere nur noch wenig Vertrauen in dieses Flugzeug hätten. Der Wert der jetzt stornierten Bestellung liegt nach Listenpreis bei mehr als vier Milliarden Euro.
Viele Fluglinien weltweit lassen ihre Boeing 737 Max – ein recht neues Modell – nach den Abstürzen sicherheitshalber am Boden. Derzeit laufen internationale Ermittlungen, ob möglicherweise eine fehlerhafte Technik Grund für die Unglücke ist.
Kein Vertrauen in die Max 8
Garuda ist die grösste Fluggesellschaft des südostasiatischen Landes. In einem Schreiben an den US-Flugzeugbauer, das am Freitag veröffentlicht wurde, heisst es über die Max 8: «Unsere Passagiere haben seit den Abstürzen nur noch geringes Vertrauen in diese Maschine. Sie vermeiden es, die Max 8 zu benutzten.» Eine der abgestürzten Maschinen gehörte der indonesischen Billigfluglinie Lion Air. Die andere flog für die äthiopische Ethiopian Airlines.
Neuer Boeing-Deal nicht ausgeschlossen
Garuda selbst hatte nur eine einzige solche Maschine in Betrieb. Sie steht jetzt ebenfalls am Boden. Vermutet wird, dass das Flugzeug jetzt verkauft oder an Boeing zurückgegeben wird. Diese Maschine und die 49 Maschinen, die jetzt abbestellt wurden, stammten aus einem Auftrag von 2014. Einem Garuda-Sprecher zufolge wird kommende Woche eine US-Delegation zu Gesprächen erwartet. Dabei solle es um die künftige Zusammenarbeit gehen. «Möglich ist, dass wir uns für die Bestellung eines anderen Boeing-Modells entscheiden.»
Lion Air mit zehn 737 Max
Der private indonesische Billigflieger Lion Air – unmittelbare Konkurrenz von Garuda – hat zehn Boeing 737 Max in seiner Flotte. Eine elfte Maschine war am 29. Oktober vergangenen Jahres kurz nach dem Start in Indonesiens Hauptstadt Jakarta ins Meer gestürzt. Alle 189 Insassen kamen ums Leben. Einen Tag zuvor konnte eine Katastrophe mit derselben Maschine noch knapp verhindert werden. Nach Medienberichten gelang es einem erfahrenen Piloten, der zufällig im Cockpit sass, das Flugzeug sicher nach unten zu bringen.
Steuerungssoftware als Grund für Abstürze vermutet
Beim Absturz einer baugleichen Maschine in Äthiopien starben in diesem Monat 157 Passagiere und Besatzungsmitglieder. Vermutet wird, dass in beiden Fällen Probleme mit der Software Grund für die Unglücke waren. Nach Angaben von Boeing wurden weltweit von mehr als 100 verschiedenen Kunden bereits mehr als 5000 Passagiermaschinen des Typs 737 Max bestellt. Ausgeliefert wurden bis Ende Februar allerdings erst 376. In der Luftfahrtindustrie ist es aber nicht ungewöhnlich, dass zwischen Bestellung und Auslieferung Jahre vergehen.
Für Boeing ist die aktuelle Stilllegung der 737-Max-Flotte ein Debakel. Der Aktienkurs ist gesunken. Zudem drohen Entschädigungsforderungen der Airlines, die nun Flüge streichen oder andere Maschinen chartern müssen. (awp/mc/pg)