David Cameron, britischer Premierminister.
London – Der britische Premierminister David Cameron hat den Ton gegenüber Libyens Staatschef Muammar al-Gaddafi erneut verschärft. «Wir schliessen die Nutzung militärischer Mittel in keiner Weise aus», sagte Cameron in der Nacht zum Dienstag, nachdem der libysche Diktator in einem Interview mit dem britischen Sender BBC erneut bestritten hatte, dass es in der Hauptstadt Tripolis Proteste gebe.
«Wir dürfen es nicht tolerieren, dass das Regime Militärkräfte gegen das eigene Volk einsetzt», appellierte Cameron an die internationale Staatengemeinschaft.
Pläne für eine Flugverbotszone
Der britische Premier beauftragte Regierungsmitarbeiter, Pläne für eine Flugverbotszone über Libyen zu erstellen. Es könne ausserdem darüber nachgedacht werden, die Gaddafi-Gegner mit Waffen zu versorgen, sagte Cameron. «Natürlich müssen wir die internationalen Gesetze einhalten, aber mein Argument ist, dass wir jetzt die Vorbereitung und Planung umsetzen müssen, weil niemand sicher sein kann, was Oberst Gaddafi mit seinem Volk macht.» Am Montagabend hatte Cameron mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy telefoniert. Sie hätten sich über mögliche Optionen für einen erhöhten Druck auf das Regime abgesprochen, sagte Cameron. Er warnte auch vor den Problemen eines militärischen Eingriffs: «Libyen ist ein riesiges Land.» Es brauche einen beträchtlichen militärischen Aufwand, um das enorme Gebiet zu kontrollieren.
Aufständische bewaffnen sich
Die Aufständischen in Libyen bewaffnen sich, um mögliche Angriffe der Truppen von Staatschef Muammar al-Gaddafi abzuwehren. Der arabische TV-Sender Al-Dschasira zeigte am Dienstag Bilder aus einer Kaserne im Osten Libyens, auf denen zu sehen war, wie Zivilisten Kisten mit Munition öffnen und Luftabwehrgeschütze in Stellung bringen. Die Lage in den umkämpften Städten des Westens blieb unübersichtlich. «Libya al-Youm», eine Webseite der Opposition, meldete in der Nacht, junge Aufständische hätten am Ortseingang der Stadt Al-Sawija eine Gruppe von Soldaten angegriffen. Sie hätten drei Soldaten getötet und mehrere Waffen erbeutet. Ein Bewohner Al-Sawijas sagte, ein ehemaliger Bürgermeister der Stadt sei aus dem Umfeld von Gaddafi gewarnt worden, dass dieser Kampfflugzeuge schicken wolle, falls die Aufständischen ihre Proteste dort nicht beenden sollten. Er sagte, die Lebensmittel in der belagerten Stadt würden langsam knapp.
Tripolis am Dienstag vorerst ruhig
In der Hauptstadt Tripolis blieb es am Dienstag zunächst ruhig. Auf einer Webseite der Opposition wurden Bilder von «Söldnern» Gaddafis veröffentlicht, die angeblich in der Stadt Al-Sintan gefangen genommen worden waren. Die Opposition veröffentlichte ausserdem ein Video, in dem eine ehemalige Leibwächterin von Gaddafi zu Wort kommt. Die Frau, die angeblich in den Libanon geflohen ist, sagt: «Wenn ich heute noch seine Leibwächterin wäre, dann würde ich ihn töten.» Die Echtheit dieses Videos liess sich jedoch nicht überprüfen.
Gaddafi nach Weissrussland?
Unterdessen bereiten Gaddafi und seine Familie möglicherweise ihre Flucht nach Weissrussland vor. Darauf deuten nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes Sipri mindestens zwei Flüge von Gaddafis Privatjet von Tripolis zu einem weissrussischen Flugplatz in den letzten sieben Tagen hin. Das weissrussische Aussenministerium wies die Angaben zurück. Der weissrussische Staatschef Alexander Lukaschenko gilt als letzter Diktator Europas. Der Sipri-Experte Hugh Griffiths sagte im schwedischen Rundfunksender SR, es sei auch erwiesen, dass Weissrussland in den vergangenen Wochen 40 Tonnen Waffen an Libyen geliefert habe. Als Zahlungsmittel habe Gaddafi mit seinem Privatjet wahrscheinlich Diamanten in das hoch verschuldete Weissrussland schaffen lassen. (awp/mc/upd/ps)