Bern – Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) hat gegen Ex-Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke, den Präsidenten des Clubs Paris Saint-Germain, Nasser Al-Khelaifi, und gegen einen weiteren Mann Anklage erhoben. Dabei geht es um mögliche Bestechung bei der Vergabe von Medienrechten.
Valcke wird passive Bestechung, mehrfache qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung vorgeworfen, wie die BA am Donnerstag mitteilte. Die nun zur Anklage gebrachten Sachverhalte werden nicht mehr als Betrug qualifiziert.
Das Strafverfahren war im März 2017 eröffnet worden. Al-Khelaifi, der auch Verwaltungspräsident der katarischen Fernsehgruppe belN Media ist, wird verdächtigt, dem Franzosen Valcke unrechtmässige Vorteile gewährt zu haben, um im Gegenzug die Fernsehrechte für die Fussball-Weltmeisterschaften 2018 bis 2030 zu erhalten. So soll Valcke, die rechte Hand des ehemaligen Fifa-Präsidenten Sepp Blatter, ein Luxusbesitz in Sardinen gratis zur Nutzung zur Verfügung gestellt worden sein.
Al-Khelaifi und dem dritten Beschuldigten wirft die Anklage Anstiftung zu der von Valcke begangenen, qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung vor. Dem dritten Beschuldigten, laut BA «ein Geschäftsmann im Bereich der Sportrechte», wird zusätzlich auch aktive Bestechung vorgeworfen.
Geld für Luxusvilla
Valcke erhielt gemäss BA eine von ihm an Dritte geleistete Anzahlung für eine Villa auf Sardinien von rund 500’000 Euro zurück, nachdem Al-Khelaifi über eine Gesellschaft an Valckes Stelle die Villa erworben hatte. Danach erhielt Valcke von Al-Khelaifi das alleinige Nutzungsrecht für die Villa für einen Zeitraum von insgesamt 18 Monaten – bis zu seiner Suspendierung von der Fifa – ohne dafür einen Mietzins im geschätzten Gegenwert von 900’000 Euro bis 1,8 Millionen Euro bezahlt zu haben, wie es weiter heisst.
Vom dritten Beschuldigten erhielt Valcke drei Zahlungen im Gesamtwert von 1,25 Millionen Euro an seine Firma Sportunited GmbH. Der Anklagevorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung ergibt sich laut BA aus dem Umstand, dass Valcke die vorgenannten Vorteile der Fifa nicht gemeldet hatte und sich so im Rahmen seiner Tätigkeit als deren Generalsekretär pflichtwidrig verhalten und sich unrechtmässig bereichert hat. In diesem Zusammenhang wirft die Anklage Al-Khelaifi und dem dritten Beschuldigten entsprechende Anstiftung vor.
Bilanzen gefälscht
Betreffend Urkundenfälschung wirft die Anklage Valcke vor, er habe eine tatsachenwidrige Erstellung der Bilanzen der Sportunited GmbH für die Jahre 2013 und 2014 veranlasst, indem er die drei vorgenannten Zahlungen des dritten Beschuldigten fälschlicherweise als Darlehen verbuchen liess.
Die Vorwürfe der aktiven und passiven Bestechung sind laut BA darin begründet, dass Valcke zwischen 2013 und 2015 seinen Einfluss als Fifa-Generalsekretär dazu genutzt hat, Vergabeprozesse von Medienrechten für Italien und Griechenland an verschiedenen Fussball-Weltmeisterschaften und FIFA Confederations Cups im Zeitraum zwischen 2018 und 2030 zu Gunsten der von ihm bevorzugten Medienpartner zu beeinflussen. Im Gegenzug versprach und gewährte der dritte Beschuldigte Valcke die vorgenannten drei Zahlungen im Gesamtwert von 1,25 Millionen Euro.
Nicht erhärtet habe sich hingegen der Verdacht, dass Valcke im Gegenzug für seine Einflussnahme als Fifa-Generalsekretär eine ihm von Al-Khelaifi zu diesem Zweck geschenkte Luxusuhr angenommen haben soll. In Bezug auf diesen Sachverhalt wurde im Februar 2020 folglich eine Einstellungsverfügung erlassen.
Ausstandsgesuch ist hängig
Im Rahmen des Strafverfahrens ist laut BA beim Bundesstrafgericht (BStGer) zurzeit noch ein Ausstandsgesuch im Zusammenhang mit der Durchführung der Schlusseinvernahme vom Dezember 2019 hängig.
Obwohl der diesbezügliche Entscheid des BStGer möglicherweise Auswirkungen auf das Verfahren haben könnte, habe sich die BA nach einer Risikoanalyse und Interessenabwägung für eine Anklageerhebung zum jetzigen Zeitpunkt entschieden. Zudem habe die BA die im letzten Quartal 2020 eintretende Verjährung der Strafverfolgung von einzelnen Sachverhalten berücksichtigt.
Die BA wird ihre Strafanträge anlässlich der Hauptverhandlung vor dem BStGer stellen. Wann es dazu kommen wird, war beim BStGer bis am Donnerstagnachmittag noch nicht in Erfahrung zu bringen.
Für die Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung bis zu einem rechtskräftigen Urteil.
Gegen Valcke war in einer weiteren Korruptionsaffäre von der FIFA-Ethikkommission bereits eine zehnjährige Sperre und eine Busse von 100’000 Franken verhängt worden. (awp/mc/ps)