Bundesstrafgericht spricht Blatter und Platini von Betrugsvorwurf frei
Bellinzona – Das Bundesstrafgericht in Bellinzona hat die ehemaligen Präsidenten der Fifa und der Uefa, Joseph Blatter und Michel Platini, vom Vorwurf des Betrugs freigesprochen. In Bezug auf die ungetreue Geschäftsbesorgung hat es das Verfahren eingestellt.
Die vorsitzende Richterin der Strafkammer sagte in ihrer Urteilsbegründung, dass es sich vorliegend nicht um einen Fall von Beweislosigkeit handle, wie dies der Verteidiger von Blatter in seinem Plädoyer gesagt habe. Für das Gericht lägen aber zahlreiche Indizien vor, aufgrund derer das Vorhandensein eines mündlichen Vertrags zwischen Blatter und Platini nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Bundesanwaltschaft (BA) hatte Blatter und Platini beschuldigt, dass für die im Frühling 2011 erfolgte Überweisung der Fifa an Platini in der Höhe von 2 Millionen Franken keine rechtliche Grundlage vorhanden gewesen sei. Das Honorar für die Berater-Tätigkeit Platinis für Blatter in den Jahren von 1998 bis 2002 sei in einem Vertrag von 1999 auf 300’000 Franken festgelegt und bereits ausbezahlt worden.
Das Bundesstrafgericht schliesst nun aber nicht aus, dass neben diesem Vertrag, auch eine mündliche Abmachung bestand. Platini habe aufgrund seiner Position und den im Fussball üblichen Honoraren eine Million pro Jahr verlangen können.
Liquiditätsprobleme bei der Fifa
Es hat sich laut Gericht gezeigt, dass die Fifa in jener Zeit Liquiditätsprobleme gehabt habe und eine Million pro Jahr nicht hätte zahlen können. Ein schriftlicher Vertrag sei für die Buchhaltung und damit für die Auszahlung des Salärs notwendig gewesen. Dass Platini den restlichen Betrag, beziehungsweise 2 der 2,8 Millionen Franken, erst Jahre später einforderte, als die hohen Abgangsentschädigungen an den früheren Fifa-Generalsekretär Urs Linsi und weitere Personen ausbezahlt wurden, sei zudem nachvollziehbar.
Alles in allem habe das Gericht auf den für die Beschuldigten günstigeren Sachverhalt abstellen müssen und sein Urteil nach dem Grundsatz «im Zweifel für den Angeklagten» gefällt.
Genugtuung von 20’000 Franken
Das Bundesstrafgericht hat Blatter eine Genugtuung von 20’000 Franken zugesprochen. Während des Prozesses hatte sein Verteidiger gesagt, das Geld würde an die Sepp Blatter-Stiftung gehen, die Sport- und insbesondere Fussball-Projekte unterstützt. Daneben erhält Blatter eine Entschädigung von rund 80’000 Franken.
Platini hatte bereits im Verfahren ausdrücklich darauf verzichtet, eine Genugtuung geltend zu machen. Er erhält für seine Aufwendungen in diesem Verfahren eine Entschädigung von 140’000 Franken. Alle diese Beträge muss die Eidgenossenschaft ausrichten.
Zufriedene Ex-Funktionäre
In einer Stellungnahme freute sich Platini darüber, dass die Wahrheit ans Licht gekommen sei. Nach sieben Jahren Lügen und Manipulation herrsche Gerechtigkeit, wird er in der von seinem Anwalt am Freitag publizierten Mitteilung zitiert. Trotz der langen Verfahrensdauer habe er das Vertrauen in die Schweizer Rechtsordnung nicht verloren. Im Alter von 65 in den «Status eines Teufels oder Paria zu wechseln» sei schwer zu verkraften. «Ich garantiere ihnen: wir werden uns wiedersehen», wird Platini in der Mitteilung zitiert. In diesem Fall gebe es Schuldige, die nicht im Prozess aufgetreten seien.
Blatter zeigte sich nach der Urteilseröffnung ebenfalls erfreut und bestätigt: Das Bundesstrafgericht habe so entschieden, wie er und sein Anwalt es erwartet hätten. «Ich habe schon zu Beginn des Verfahrens vor sieben Jahren gesagt, das nicht stimmt», sagte er zum Betrugs-Vorwurf. Es sei ihm wichtig, dass dies nun auch das Bundesstrafgericht sage. «Das ist super für mich, aber auch für den Fussball.»
BA will später entscheiden
Die BA nehme das Urteil der Strafkammer des Bundesstrafgerichts zur Kenntnis, schrieb sie in einer Mitteilung. Sobald ein schriftlich begründetes Urteil vorliege, wolle sie über das weitere Vorgehen entscheiden.
Die BA bezichtigte Blatter und Platini des Betrugs. Sie verlangte bedingte Freiheitsstrafen von jeweils 20 Monaten. Eröffnet hatte sie das Verfahren zunächst nur gegen Blatter, später weitete sie es auf Platini aus. Dessen Anwalt kritisierte, das Verfahren sei nur ins Rollen gebracht worden, um seinen Mandanten als Fifa-Präsidenten zu verhindern.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann an die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts weitergezogen werden. (awp/mc/pg)