David Cameron, britischer Premierminister. (© Host Photo Agency/g20russia.ru)
London – Die Konservative Partei von Premierminister David regiert in Grossbritannien erstmals seit 1992 wieder mit absoluter Mehrheit. Das Königreich ist mit dem deutlichen Sieg der in weiten Teilen euroskeptischen Tories ein Stück von Europa abgerückt. Cameron kündigte schon am Morgen seiner Wahl an, er werde das Versprechen eines Referendums über den Verbleib Grossbritanniens in der Europäischen Union wahr machen. Experten gehen davon aus, dass der Volksentscheid noch 2016 stattfinden könnte.
Ausserdem kündigte Cameron unter dem Eindruck des aussergewöhnlich guten Abschneidens der Unabhängigkeitspartei SNP in Schottland die Stärkung der Regionen an. «So schnell ich nur kann», werde er die nach dem Schottland-Referendum versprochenen Zugeständnisse erfüllen. «Wir können Grossbritannien noch grösser machen», betonte er.
Rund 37 Prozent der Stimmen reichten den Tories bei der Wahl am Donnerstag für 331 der 650 Sitze im Unterhaus. Sie verbesserten damit ihr Ergebnis von 2010, als sie noch auf einen Koalitionspartner angewiesen waren, um 24 Sitze. «Dies war der süsseste Sieg von allen», sagte Cameron am Freitag vor seinen Wahlhelfern.
Die absolute Mehrheit für die Konservativen hatte keine Umfrage vorhergesehen – was auch am britischen Wahlsystem liegt. Ins Parlament zieht nur ein, wer seinen Wahlkreis gewinnt, es gibt also 650 Einzel-Abstimmungen.
Cameron setzt auf Kontinuität
Beim neuen Kabinett setzt der Premier auf Kontinuität. George Osborne wird als Schatzkanzler weiter das Finanzministerium leiten, Theresa May bleibt Innenministerin, das Verteidigungsressort behält Michael Fallon und das Aussenministerium und damit die wichtigen Verhandlungen mit der EU führt auch in Zukunft Philip Hammonds.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bot Cameron «konstruktive Zusammenarbeit» an. Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger zeigte sich zuversichtlich, dass Cameron sein Land in der EU halten will. «Das ist im Interesse von Gesellschaft und Wirtschaft Grossbritanniens», sagte Oettinger der «Stuttgarter Zeitung». Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag befürchtet hingegen, dass das Risiko eines sogenannten «Brexits» steigt.
Eine bittere Wahlnacht erlebten die Labour-Anhänger. Parteichef Ed Miliband übernahm die Verantwortung für die Schlappe und trat zurück. «Wir haben nicht die Gewinne in England und Wales erreicht, die wir erhofft hatten», sagte er. «Es tut mir sehr leid, dass ich es nicht geschafft habe.» Statt 258 Sitze haben die Sozialdemokraten nur noch 232.
Londons Bürgermeister Boris Johnson neu im Unterhaus
Die Partei schnitt nur in der Hauptstadt London besonders gut ab, wo sie 45 der 73 Sitze bekam. Londons Bürgermeister Boris Johnson holte für die Konservativen den Wahlkreis Uxbridge. Seine Amtszeit als Bürgermeister will er jedoch zu Ende bringen.
Die deutlichste Niederlage mussten die Liberaldemokraten hinnehmen, die bisher an der Regierung beteiligt waren. Statt wie bisher 57 schicken sie nur noch acht Abgeordnete ins Parlament – damit fiel die Abstrafung durch die Wähler noch schockierender aus, als die Umfragen vorausgesagt hatten. Der bisherige Vize-Premier Nick Clegg, der seit 2007 an der Spitze der Partei gestanden hatte, trat zurück.
Als dritter Parteichef nahm Nigel Farage von der rechtspopulistischen Ukip den Hut. Er hatte den Sprung ins Parlament nicht geschafft. Seine Partei schnitt mit etwa 13 Prozent zwar deutlich besser ab als vor fünf Jahren, gewann aber nur ein Mandat.
In Schottland feierte die Nationalpartei einen Kantersieg: 56 von 59 Sitzen gingen an die sozialdemokratische SNP, die die Unabhängigkeit des Landes fordert. Die Stimme Schottlands werde in Westminster künftig deutlich hörbar sein, sagte Parteivorsitzende Nicola Sturgeon. (awp/mc/ps)