Peking – Unter dem Druck des Handelskrieges mit den USA öffnet China die Türen zu seinem Markt ein Stück weiter. Zum Jahresanfang senkt die zweitgrösste Volkswirtschaft die Zölle für Importe im Wert von einigen hundert Milliarden Euro. Wie der Staatsrat am Montag in Peking berichtete, werden die Einfuhrabgaben auf mehr als 850 Güter verringert. Die Zollsenkungen sollen vom 1. Januar an unter anderem die Kosten für den Import von Konsumgütern, High-Tech-Teilen, speziellen Medikamenten sowie gefrorenem Schweinefleisch reduzieren.
Auch wenn der Schritt auf den ersten Blick nichts mit den Strafzöllen im Konflikt mit den USA zu tun hat, geht es indirekt um zwei wichtige Punkte in dem seit mehr als einem Jahr andauernden Handelskrieg. Erstens unterstützt die Zollsenkung das Argument der Regierung in Peking, dass sich Chinas Wirtschaft weiter öffnet. «Die Zollanpassung wird helfen, die Kosten für Importe zu reduzieren und die Öffnung auf ein höheres Niveau bringen», hob denn auch der Staatsrat hervor.
Mehr Importe aus den USA
Zweitens ebnen die Zollsenkungen den Weg für den jetzt vereinbarten Ausbau der Importe aus den USA. Wie der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer berichtete, hat China bei der Mitte Dezember gefundenen Teileinigung versprochen, die Importe aus den USA um 200 Milliarden US-Dollar über zwei Jahre zu erhöhen. Davon sollen mindestens 40 Milliarden US-Dollar jährlich den US-Landwirten zugutekommen – einer wichtigen Wählergruppe für US-Präsident Donald Trump.
Details der Teilvereinbarung für die erste Phase der Verhandlungen sind noch nicht veröffentlicht, aber China will sich beim Ausbau der Importe aus den USA an die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) halten. «Wenn wir die Zölle nur für die USA reduzieren, werden sich viele Länder beschweren», sagte Wang Huiyao von Denkfabrik Center for China and Globalization (CCG) in Peking, dem «Wall Street Journal».
Preis für Schweinefleisch verdoppelt
China will vor allem auch mehr Schweinefleisch in den USA einkaufen. Wegen der grassierenden afrikanischen Schweinepest muss China auf dem Weltmarkt die Lücke füllen. Nach Schätzungen ist rund die Hälfte des Tierbestandes in China durch das für den Menschen ungefährliche Virus dahin gerafft worden. Der Preis für Schweinefleisch hat sich verdoppelt und ist ein starker Inflationstreiber geworden. China ist der grösste Konsument und Produzent von Schweinefleisch weltweit. Die starke Nachfrage lässt auch in Deutschland die Fleischpreise steigen.
Kleines Konjunkturprogramm
Die Zollsenkungen betreffen insgesamt Importe mit einem Umfang von 389 Milliarden US-Dollar (2018), wie die Finanzagentur Bloomberg errechnete. Es ist nebenbei ein kleines Konjunkturprogramm. Indem die Einfuhrkosten fallen, will Chinas Regierung die Verbraucher entlasten und damit die heimische Nachfrage ankurbeln. Von der Verringerung der Zölle profitiert auch die chinesische High-Tech-Industrie – ein weiterer gewünschter Nebeneffekt.
Denn Chinas Wirtschaft läuft nicht gerade rund. Der Rückgang des Aussenhandels durch den Handelsstreit und hausgemachte Probleme wie die hohe Verschuldung haben das Wachstum im auslaufenden Jahr mit gut sechs Prozent auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahrzehnten fallen lassen. Lautete die Wachstumsvorgabe für 2019 noch «6,0 bis 6,5 Prozent», erwarten Experten, dass die Regierung das Ziel auf nur noch «rund 6 Prozent» für das neue Jahr reduzieren wird.
Grossteil der Strafzölle wird weiter erhoben
Trotz der Teilvereinbarung mit den USA sind die Probleme durch den Handelskrieg noch lange nicht gelöst. Es lässt sich nicht einmal von einem Waffenstillstand sprechen, da ein Grossteil der Strafzölle ja weiter erhoben wird. Anfang Januar soll die Einigung über die erste Phase unterzeichnet werden – aber alle Experten sind sich einig, dass die zweite Phase eher schwieriger werden wird.
Auch können Probleme bei der Umsetzung der ersten Beschlüsse die weiteren Verhandlungen gewaltig stören – etwa durch neue Strafzölle. «Die zweite Phase wird substanziell und herausfordernd», erwartet CCG-Forscher He Weiwen. So wollen die USA dabei auch strukturelle Probleme wie staatliche Subventionen in China angehen. «Die Probleme, die vor uns liegen, können sehr kompliziert werden.»
Ohnehin seien die Probleme zwischen den USA und China «strategisch und langfristig», sagte der Forscher. Es gebe auch andere, nicht-wirtschaftliche Faktoren wie den Streit um Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren oder den Protesten in Hongkong, die für Spannungen zwischen den beiden Rivalen sorgen. (awp/mc/pg)