Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao.
Peking – China will langsamer, aber nachhaltiger wachsen. Zum Abschluss des Jahrestagung des Volkskongresses in Peking rief Regierungschef Wen Jiabao am Mittwoch zu verstärkten Reformen auf, um Chinas Wirtschaftswachstum endlich nachhaltiger zu gestalten. Wegen der Schuldenkrise in Europa und der geringeren Nachfrage nach chinesischen Exporten stehe Chinas Wirtschaft unter Druck. So habe seine Regierung das Wachstumsziel auf 7,5 Prozent in diesem Jahr reduziert, um die nötigen Strukturreformen verstärkt voranzutreiben. Im Vorjahr hatte China noch 9,2 Prozent Wachstum erreicht.
«Wenn wir in China wirklich das Problem des unausgewogenen, unkoordinierten und nicht aufrecht zu erhaltenden Wachstums lösen und die Wirtschaft auf einen Pfad qualitativer Entwicklung bringen können, wird das eine gute Nachricht für die Welt sein», sagte Wen Jiabao. China könne nicht weiter auf Kosten seiner Rohstoffe und der Verschmutzung der Umwelt wachsen. Es müsse zudem ein Gleichgewicht zwischen stetigem und robustem Wachstum, strukturellen Anpassungen sowie Kampf gegen Inflation gefunden werden.
Chinesische Handels- und Währungspolitik verteidigt
In seiner dreistündigen Jahrespressekonferenz verteidigte Wen Jiabao die chinesische Handels- und Währungspolitik. Auf Forderungen vor allem aus den USA nach einer schnelleren Aufwertung der chinesischen Währung sagt der Premier, der Renminbi (Yuan) habe seit Beginn der Wechselkursreformen 2005 um 30 Prozent zugelegt. Auf dem Markt in Hongkong schwanke der Renminbi schon in beide Richtungen. «Das zeigt uns, dass er möglicherweise an einem ausgeglichenen Niveau liegt», sagte Wen Jiabao.
China will mehr aus USA kaufen
Auch gehe der chinesische Überschuss im Aussenhandel weiter zurück, verwies Wen Jiabao auf den Rückgang der Exportnachfrage. Seine Leistungsbilanz sei zunehmend ausgeglichen, weil der Überschuss unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts gefallen sei. Er versicherte, dass China mehr aus den USA kaufen wolle, und forderte Washington zugleich auf, Beschränkungen für hochtechnologische Exporte nach China aufzuheben. China lehne Protektionismus im Handel ab.
Keine Lockerung der Kontrolle über Immobilienmarkt
Hoffnungen auf eine Lockerung der Kontrolle über den überhitzten Immobilienmarkt in China erteilte Wen Jiabao eine Absage. «Ich kann jedem eindeutig sagen, dass Wohnungspreise noch weit davon entfernt sind, auf ein angemessenes Niveau zurückzukehren.» Wenn sich der Wohnungsmarkt blind entwickele, werde es eine Blase geben. «Wenn die Blase platzt, wird nicht nur der Wohnungsmarkt beeinträchtigt, sondern die gesamte chinesische Wirtschaft.» Der Markt drohe dann «ins Chaos» zu stürzen. Nicht jeder müsse eine Wohnung besitzen. Die Regierung ermutige die Menschen, Wohnungen zu mieten.
Militärausgaben um 11,2 Prozent erhöht
Zum Abschluss ihrer zehntägigen Sitzung billigten die knapp 3000 Abgeordneten des Volkskongresses den Staatshaushalt und einen Anstieg der Militärausgaben um 11,2 Prozent. Das nicht freigewählte Parlament nimmt grundsätzlich alle Vorlagen an, aber die Zustimmung lag mit nur 80 Prozent deutlich unter dem Vorjahr. 438 Delegierte stimmten gegen den Haushalt und 131 enthielten sich. Gründe waren nicht erkennbar, aber auch beim Votum über den Rechenschaftsbericht von Wen Jiabao hatten mehr Delegierte als sonst ihrer Unzufriedenheit Luft gemacht.
Haushaltsdefizit bei 1,5 BIP-Prozent
Während die Gesamtausgaben um 14,1 Prozent steigen sollen, wird das Defizit im Staatshaushalt in diesem Jahr 800 Milliarden Yuan (heute 96 Mrd Euro) oder 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes erreichen. Die Verteidigungsausgaben steigen auf 670 Milliarden Yuan (heute 80 Milliarden Euro). Nach Einschätzung des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (Sipri) dürften die tatsächlichen Militärausgaben gut 50 Prozent höher sein, weil Forschungs- und Entwicklungsausgaben sowie die paramilitärische Bewaffnete Polizei (Wujing) von anderen Haushaltsposten abgedeckt werden. (awp/mc/upd/ps)