Peking – Chinas Regierungschef Li Keqiang hat eine Lösung der schweren Krise in Hongkong mit gesetzmässigen Mitteln zugesichert. Die Zentralregierung in Peking unterstütze die Hongkonger Regierung, das «Chaos» zu beenden. Das werde «im Rahmen der Gesetze» geschehen, versicherte der Premier am Freitag bei einer Pressebegegnung mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel in Peking. Peking halte an dem Grundsatz «ein Land, zwei Systeme» fest, nach dem die chinesische Sonderverwaltungsregion autonom regiert wird.
Er ging damit nicht direkt auf eine Frage nach einem möglichen militärischen Eingreifen in Hongkong ein. Allerdings wäre eine solche Intervention auch auf der gegenwärtigen Rechtsgrundlage möglich, wenn die Hongkonger Regierung nicht mehr mit den Protesten fertig werden und die Zentralregierung um Hilfe bitten sollte. Li Keqiang bekräftigte aber auch, dass Peking weiter an dem Grundsatz festhalte, dass die Hongkonger ihre eigenen Angelegenheiten regelten.
Merkel fordert Lösung im Dialog
Es war der höchste Regierungsvertreter in Peking, der sich bisher zu den seit mehr als vier Monaten andauernden Protesten geäussert hat. Die Kanzlerin forderte alle Beteiligten auf, von Gewalt abzusehen. Eine Lösung müsse im Dialog gefunden werden. Merkel begrüsste, dass die Hongkonger Regierung das umstrittene Gesetz für Auslieferungen nach China diese Woche komplett zurückgezogen hat. «Ich hoffe nun, dass die Demonstranten am Dialog teilnehmen können», sagte Merkel.
Hongkongs Regierung hatte den Rückzug des Gesetzentwurfs mit einem Gesprächsangebot an alle Teile der Gesellschaft verbunden, da die Unzufriedenheit unter den sieben Millionen Hongkonger weit über das Gesetz hinausgeht und sich auch auf wirtschaftliche und soziale Probleme in der Hafenmetropole erstreckt.
Seit der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie wird Hongkong mit einem eigenen Grundgesetz autonom und in seinem eigenen Territorium unter chinesischer Souveränität regiert. Die Proteste hatten sich an dem Gesetz entzündet, doch reichen die Forderungen der Demonstranten heute bis hin zu freien Wahlen und einer Amnestie für Festgenommene. Auch am Wochenende soll es wieder Proteste geben.
Merkel hofft auf baldige Einigung des US-chinesischen Handelskonflikts
Ausser den Unruhen in Hongkong überschattete der Handelskrieg zwischen den USA und China den Besuch der Kanzlerin. Merkel äusserte im Gespräch mit Li Keqiang ihre Hoffnung auf eine baldige Beilegung des Konflikts. Jeder merke, dass sich der Streit auch auf andere Staaten auswirke. Die Kanzlerin plädierte auch für einen baldigen Abschluss eines Investitionsschutzabkommens zwischen China und der EU.
Merkel hob hervor, dass die deutsch-chinesischen Beziehungen auf einem festen Fundament stünden. Es gebe aber auch Konflikte. Bei deren Aufarbeitung seien beide Seiten schon ein gutes Stück vorangekommen, sagte die CDU-Politikerin zu Beginn der Gespräche. Anschliessend wurden elf Kooperationsvereinbarungen zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen unterzeichnet. (awp/mc/pg)